Stimmanns Straße

Natürlich ist es seine Straße. Natürlich ist die Friedrichstraße ein Werk Hans Stimmanns. Denn er hat den Weiterbau, Wiederaufbau, Umbau der Straße als Senatsbaudirektor ja selbst mitgestaltet. Insofern muss seinem Artikel, der am Montag im Feuilleton der F.A.Z. zu lesen war (und für den ich die drei Euro Printpreis ausgesprochen gerne bezahlt habe, denn ich ahnte, was mich erwartete), eine Reizung vorausgegangen sein: Und wen reizt sie nicht, die neue „Flaniermeile“, von der niemand mit Gewissheit sagen kann, ob die Friedrichstraße nördlich der Leipziger nun eine Begegnungszone, Fußgängerzone, Radbahn, einen Shared Space, verkehrsberuhigten Bereich, eine temporäre Spielstraße, einen Kunstmarkt, Streetfoodmarkt oder das Choriner Straßenfest aus Prenzlauer Berg darstellt.

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Korona küsst Schlosskuppel

Dass ich heute Morgen vor die Tür ging, war ein Akt der Notwendigkeit – und gleichzeitig ein Geschenk. Ich stieg vom Fahrrad, als ich diese Sonne sah. Eigentlich keine besonders besondere Sonne. Für einen Sonnenaufgang war es zu spät, für den Untergang viel zu früh, noch nicht mal Mittag. Wolken zogen an dem weißen Ball vorbei, ziemlich zügig. Mal ließen sie mehr Licht durch, mal weniger. Und wenn der Schleier stimmte, nicht zu dick, nicht zu dünn war, dann konnte man klar die Konturen sehen, die Konturen des großen Balles. Ist das nicht selten? Ist das nicht schön? Wenn so eine Übergröße ins menschliche Auge passt, können wir dann nicht auch alles andere begreifen, was uns unbegreiflich erscheint?

Kuppel statt Klotz: Mehr runde Formen in der Architektur wagen!

Das Bild, das ich sah, war kein reines Naturschauspiel. Es war eine Berlin-Kontur. Dem Rund des Sonnenrandes stand das neue Rund der Schlosskuppel gegenüber. Und ich begriff, die Kuppel ist gut. Und ich dachte, wir bauen zu wenig runde Formen. Es gibt zu viele Ecken und Kanten in der Stadt, zu viele Optionen, sich zu stoßen und zu schneiden. Da ich gerade aus der Gegend am Spreebogen kam, wo ich mich einem Schnelltest unterzog, steckte mir noch der neue Glaskubus vom Washingtonplatz wie ein Eissplitter im Auge, wie der Splitter im Auge von Kai, den die Schneekönigin verzauberte. Diesem Glaskasten am Hauptbahnhof wächst so eine angriffslustige, abgeflachte Pyramidenspitze aus der Fassade, dass ich seit heute fest davon überzeugt bin, die Architekten haben das Ding im Anblick ihres Weihnachtsbaumes entworfen, im Homeoffice, als Homeoffice noch exotisch war. Aber dort gehört dieser kälteeinflößender Eiswürfel hin: an den Weihnachtsbaum, wo es warm ist. Und weg schmilzt er.

So gewann ich plötzlich, auf der Eisernen Brücke stehend, bereit für den Befund, den Sinn für das Runde am Himmel über die von Reif überzogene Berliner Mitte, wo Architektur und Astronomie einen Augenblick lang zu Schwestern wurden. Und als hätten auch sie es begriffen, schrien die Möwen in den kalten Dezembermorgen hinein. Wahrscheinlich hatten sie aber nur Hunger. Die Kuppel des Schlosses hat mich schon öfters überrascht. Bisher hab ich nichts dazu geschrieben. Und das will ich damit sagen: dass eine Art Perspektivensammlung aussteht, die zeigt, dass die Schlosskuppel die Blicke auf die Mitte Berlins bereichert. Demnächst also…