Berliner Zaunkönige anno 2013

Sie schaffen Klarheit und Ordnung, teilen die Welt in ein Drinnen und Draußen, in ein Hier und ein Drüben: Zäune sind wieder beliebt in Berlin. Immerhin haben sie Tradition. Ab 1527 hielt ein Zaun das Wild im Wald, der vor dem Schloss der jagenden Kurfürsten lag. 1961 hielt ein weiterer scheinbar wild gewordenes Ostvolk zurück, und die Jagd am Zaun begann von Neuem. 2010 gab es dann den ersten mit regulären Zaunschließzeiten. Drinnen zu sein, auf der Tempelhofer “Freiheit”, war plötzlich ein Privileg. 250 Protestierende forderten die versprochene Freiheit ein und wollten sie auch in der Nacht. Der Zaun steht noch. Der folgende noch nicht: Um den Tiergarten soll einer gebaut werden, wie seit dem Sommer immer wieder berichtet wird. Es ist einer, der Sicherheit verspricht, nicht Freiheit. Gegen den Tiergartenzaun hat sich zwar die Bezirksverordnetenversammlung von Mitte ausgesprochen, aber Mittes BVV-Beschlüsse wackeln mitunter auch. Baustadtrat Carsten Spallek (CDU) will den Zaun ja immer noch. Und ein anderer will einen anderen jetzt auch um den Görlitzer Park errichten. Timur Husein, Bezirksverordneter der CDU in Friedrichshain-Kreuzberg, setzt sich für einen eingezäunten Görli ein, wie der Tagesspiegel berichtet. Aber momentmal, steht um den Görli nicht noch die alte Bahnhofsmauer? Wilde Zeiten sind das, neue Zäune … hohe Zäune. Es ist die Renaissance des Berliner (Jagd-) Reviermanagements.

Und so klingt der Wunsch nach Gehege vom 13. Mai 1527 aus der Feder des Kurprinzen Joachim, des späteren Kürfürsten Joachim II. (aus „Der Tiergarten in Berlin“, Hrsg. Walther G. Oschilewski, arani Verlag, Berlin-Grunewald 1960, S. 5):

„Wir Joachim, von Gottes Gnaden Marggraff zu Brandenburg, der Jüngere, zu Stettin, Pommern, der Cassuben und Wenden Herzogk. Burggraff zu Nürenbergk und Fürst zu Rügen, Bekennen und thun kund öffentlich mit diesem Briefe für Unß, unsere Erben undt Nachkommen und sonst aller männigklich die ihn sehen, hören oder lesen, Nachdem unß Unser lieben getrewen Burgemeister, Rath, Gewerck undt gantz Gemeinde der Stadt Collen allhier auß Unterthenigen geneigten willen off unser gnädig und gütlich ansuchen, zu sondern gefallen für Unß, Unser Erben undt Nachkommen ein Platz und Raum, dahinden bey der freyen Arch, zu einem Thier- und Lustgarten auffzurichten undt zu machen vorgünt undt gutwilliglich zu eigen eingeräumet undt abgetreten, dass Wir Ihn dan in Gunst und Gnaden billich dankbar sein. Also gereden und aussprechen wir hierauff für Unß, Unser Erben und Nachkommen in gegenwertiger Krafft und Macht dieses Brieffes, ob sich in künftiger Zeit begeben, das Wir oder Unsere und Nachkommen solchen Platz und Raum zum Thier- und Lustgarten ferner nicht haben, sondern denselben wieder vergehen lassen würden und wolten, das Wir oder Unsere Erben undt Nachkommen alßdann den vermelten Platz und Raum, so viel sie unns daran gegeben, Niemants ander, dan dem gedachten Bürgemeister, Rath, gewerken undt Gemeinder zu Jederzeit Ihren Nachkommen wiederumb einräumen, zustellen und zueignen sollen, ohn einig hinder oder gefehr. Darzu sollen und wollen Wir bei Unserm Lieben Herrn und Vater, dem Churfürsten zu Brandenburg von solcher Zustellung wegen des Platzes zum forderlichsten darob undt an sein, das Ihnen daßelbe zu keinen Ungnaden oder Nachtheil gereichen soll. Getreulich Ungefehrlich. Zu Urkund mit Unserm hierunten uffgedruckten Secret besiegelt und gegeben Collen an der Spree am Sontage Cantate Anno MDXXVII.“

Wer wird Berlins neuer „Zaunkönig“ anno MMXIII? Die Königsfrage hat bei den Vögeln übrigens auch mit List zu tun, erzählen jedenfalls die Brüder Grimm im gleichnamigen Märchen.

 

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