Falschparker fürchtet die Findlinge nicht: „Ich bin dann mal weg…“

Das war der News Ride #27/19 am Sonnabend, den 6. Juli 2019, mit dem Dragoner-Areal, der Begegnungszone Bergmannstraße, dem Karstadt am Hermannplatz und den Hausbooten auf dem Rummelsburger See (Strecke: 9 Kilometer)

Götterbäume bei den Dragonern

Wir starteten am Willy-Brandt-Haus um 12 Uhr. Den ersten Stopp machten wir im nur fünf Minuten entfernt liegenden Dragoner-Areal. Das knapp fünf Hektar große, gewerblich geprägte Gelände (mit Autowerkstätten u.a.) gehört jetzt dem Land Berlin. Das hatte der Bundesrat im Juni endgültig bestätigt. Der seit 2015 währende Grundstücksstreit ist damit beendet. Auch wurde gerade die Kooperationsvereinbarung unterzeichnet, die u.a. das Bezirksamt Kreuzberg und die Vor-Ort-Initiativen getroffen haben, um das Sanierungsgebiet zu bebauen und weiterzuentwickeln. Schautafeln mit Infos zu den Bürgerwerkstätten, die im April und Mai stattgefunden haben, hängen an zwei Stellen aus: so z.B. am Haupteingang in der Obentrautstraße, in einem Gebäudeteil des LPG-Biomarktes. Wir sind alle Wege, die es zwischen den Baracken gibt, abgefahren, was man ja selten macht, und was auch ein bisschen tricky ist, angesichts der chaotischen Erschließung. Die schöne Gasse am Mamorwerk mit den spontan gewachsenen Götterbäumen hat mich am meisten beeindruckt.

Über den Mehringdamm ging es weiter zur Bergmannstraße. Hier war die Begegnungszone Thema, und wir radelten die von den orange-gelben Parkletts gesäumte Straße komplett bis zur Marheineke-Markthalle ab. Neben den grün-gepunkteten Kreuzungsflächen sind das Neueste in der Zone die fetten Findlinge, die der ehemalige Förster und Leiter des Kreuzberger Straßenbauamts Felix Weisbrich auf die Kreuzung zur Zossener Straße legen ließ, um Falschparker daran zu hindern, die Baustelle zu blockieren. Was für eine Schnaps-Idee! Ich finde sie genial. Selbst die Kreuzberger reagieren mit Goethe: Auch aus den Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man etwas Schönes bauen“, schreiben sie mit Kreide auf die Fahrbahn. Auf diesem „Begegnungsplatz“ (das soll er laut Bezirksamt wohl mal werden) standen wir eine ganze Weile, bestimmt zwanzig Minuten. Und es wurde umso gemütlicher, je mehr Zeit verging. Wir beobachteten auch live einen Falschparker, der sein Auto, quer geparkt, einfach stehen ließ. Allerdings kam er nach zehn Minuten wieder und entpuppte sich als Musiker, trug zwei Gitarrenkoffer unterm Arm. Auch Falschparker können also gute Menschen sein. Findlinge am Fuße des Teltow… Ich hätte schon eine Idee für einen Findlingsstandort am Fuße des Barnim, aber das steht auf einem anderen Blatt.

Falschparker in der Bergmannstraße: „Ich bin dann mal weg…“

„Nasser Fisch“ grüßt Chipperfield

Zum nächsten Halt am Hermannplatz radelten wir über den neuen geschützten Radweg in der Hasenheide (ein spannender Nebeneffekt, denn die rot-weißen Poller sind mehr als gewöhnungsbedürftig, sie reizen zum Schreien). Aus der Karl-Marx-Allee Karl-Marx-Straße (dass mir dieser Fehler mal passiert, hätte ich nicht gedacht) blickten wir später auf das Karstadtgebäude, das ja abgerissen und durch die originale Kaufhausfassade der 20er Jahre ersetzt werden soll. Chipperfield will neue Leuchttürme bauen. Diese Nachricht hatte mich vor ein paar Wochen aus den Socken gehauen, da ich grade „Nasser Fisch“ von Volker Kutscher gelesen hatte. In der ersten Szene des Romans jagen die Kommissare den „Pornokaiser“ die Hermannstraße runter. Er flüchtet über den Bauzaun in die Baustelle am Hermannplatz, wo gerade der alte, originale Karstadt-Bau hochgezogen wurde, 1929, mit den legendären, 55 Meter hohen Leuchttürmen. Ob ein Abriss nötig ist, fragten wir uns, als wir länger auf das Gebäude sahen. Es gibt ja schon zwei Türme über dem Dach! Und es gibt auch schon eine Dachterrasse, auch wenn sie im Moment nur unter „Konsumzwang“ begehbar ist. Ein Umbau tut´s vielleicht auch.

Die letzte Etappe führte uns durch Neuköllns neue Fahrradstraße, die Weserstraße. Über die Wildenbruchstraße und die Elsenbrücke erreichten wir die Stralauer Halbinsel und schließlich den Rummelsburger See. Erste Bemerkung eines Gastes: „Das werden ja immer mehr Boote hier.“ Und genau darum ging es. Waren 2016 noch 24 ankernde Boote auf dem See zu zählen, stieg die Zahl 2018 auf 101, berichtete der Tagesspiegel in einem lesenwerten, 19 Absätze umfassenden Artikel. Die Autorin beschreibt darin einen Fotografen, der von seiner Friedrichshainer Wohnung vom Ufer „der“ Rummelsburger See zu seinem Atelierboot pendelt. Wie geil, Berlin liegt jetzt am Meer! Sein Boot, dessen Bau vom Auswärtigen Amt und von visit-Berlin gefördert wurde, konnten wir nicht zweifelsfrei ausfindig machen, aber das „Lummerland“ mit der Sauna haben wir vom Ufer aus erkannt. Die Senatsverwaltung für Umwelt will beim Bund ein Ankerverbot für die Boote herbeiführen, bisher hat sie damit keinen Erfolg gehabt. Bewohner der „Wasserstadt“ in Stralau und Rummelsburg hatten wegen Lärm geklagt, und der schadstoffbelastete Seegrund soll bald saniert werden. Deshalb sollen die Boote weg. Krass überrascht hat uns der lange Bürobau, der gerade an der Ringbahn gebaut wird, das B:HUB (das Abendblatt berichtete im März 2018).

Route des News Ride vom 6. Juli 2019: Vom Will-Brandt-Haus zum Rummelsburger See (9 km)

Nächster News Ride folgt…

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