Willkommen, großes Haus!
Neulich stand ich vorm Schloss und fotografierte. Da sprach eine Frau mich an: „Und was halten Sie vom Schloss?“ Ein Gespräch begann, und die Sonne schien, und schwupps-die-wupps kam die munter erzählende Charlottenburgerin auf König Friedrich. Den „Großen“. Nicht vom Humboldtforum redete sie, nicht vom Palast, nicht von den Barockfassaden. „Unser König“ schwebte ihr im Geist, der im Schloss geboren wurde. Und vom gleichnamigen Buch fing sie an zu schwärmen, das zum 300. Geburtstag Friedrichs als Biografie von Jens Bisky herauskam. Das war vor drei Jahren. Damals konnte ich mich für keine der vielen Veröffentlichungen entscheiden. Jetzt empfahl sie mir eine bestimmte davon persönlich, soufflierend, herzlich werbend. Und es dauerte. Was hatte Bisky mit dieser Frau gemacht? Für derartige Winke mit dem Zaunpfahl bin ich empfänglich. Ich habe das Buch noch am gleichen Tag gekauft und lese auf Seite 249, wie die Königin während des Krieges aus dem Schlosse flieht, weil die österreichischen Husaren Berlin erobern. Eine Woche lang wohnt sie unköniglich in der Festung Spandau:
„Vier Verbrecher, Eisen an den Füßen und eine kleine Lampe in der Hand, führen Ihre Majestät und die Prinzessinnen in die Wohnung, die aus fünf Räumen besteht, in denen die Fenster zerbrochen sind, keine Tür schließt, kein Stuhl zu erblicken ist.“ (aus dem Tagebuch des Kammerherrn von Lehndorff in „Unser König“, siehe unten)
Wie dem auch sei, wenn das die Kraft des neuen Schlosses ist, dass es die „großen“ Themen in uns weckt, dann ist es mir heute schon ein Stück weit willkommener als es das gestern war.
Buch: Unser König. Friedrich der Große und seine Zeit – ein Lesebuch, Jens Bisky, Rowohlt, 2012
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[…] Kürzliche, jetzt fragwürdige Futurberlin-Anfreundung mit dem Schlossbau […]
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