„Nolle“ unter die Lupe genommen

— Fotostory —

Wie am 9. März berichet, soll der Nollendorfplatz umgestaltet werden. Wie der Platz und sein Umfeld in Schöneberg heute aussehen und was genau sich die Studenten der Landschaftsarchitektur an der TU Berlin bei ihren Entwürfen vorstellen – Futurberlin präsentiert fünf der insgesamt 14 Entwürfe neben einer fotografischen Bestandsaufnahme in der folgenden Fotostory.

Die von Westen einfahrende U-Bahn „klettert“ den Bahnhof rauf. Immerhin vier U-Bahnlinien (U1, U2, U3, U4) verkehren über den Nollendorfplatz. Im Hintergrund das „Goya“, heutige Eventlocation, historischer Theaterbau, führt in die Motzstraße.

 

Der oberirdische Teil des Bahnhofs von Süden aus der Maaßenstraße betrachtet. An seiner westlichen Seite die in der Nachwendezeit wiedererrichtete Kuppelkonstruktion.

Der Bahnhof von Norden her gesehen, Einem-Str./Ecke E.-Lasker-Schüler-Str.

Aus der Einemstraße gesehen: Der Platz funktioniert als Verkehrsknotenpunkt, nicht nur für den U-Bahnverkehr, sondern auch für den Kfz-Verkehr. Die Straßenführung wurde in den 70er Jahren im Sinne der „autogerechten“ Stadt umgestaltet.

Schmuddelecke am Nollendorfplatz (auf Nahaufnahme freundlich verzichtet.) – Dieses Image soll der Platz loswerden.

Schmuddelecke II – Historisches Relief unter der Hochbahntrasse verschreckt als Müllkippe, Geländer verhindert direkten Zugang, dient nur als Fahrradständer.

Blick aus den Bahnhofsfenstern in die Einemstraße und E.-Lasker-Schüler-Straße nach Norden. Der Schmuddel liegt hier im Dunkeln, die Taubenpiekser sind kein Garant für Reinlichkeit).

Blick in die nach Norden zur Siegessäule führende Einemstraße.

Und so könnte es sein: Die U-Bahneinfahrt inszenieren, auch die Ausfahrt natürlich. Die Höhenstufung zur Bahntrasse hin ist Teil des Entwurfs von Andi Streidl.

Die Treppen zur Bahntrasse (voriges Bild) resultieren aus der Streifengestaltung der Gesamtidee. Die veränderte, nach außen verlegte Straßenführung ermöglicht mehr Platzfläche. Auch gedacht: 70 Fahrradständer unter der Bahntrasse und ein neues Gebäude dort für ein Café oder eine Bar (Andi Streidl).

Im Entwurf von Johanna Kühnelt finden wir im südöstlichen Bereich des Platzes einen Skulpturengarten. Hier, direkt vor dem „Goya“, stellt sich die Studentin in Lebensgröße aufgestellte und in Bronze gegossene, Schöneberger Berühmtheiten vor.

Mehr als „Kiezgrößen“: David Bowie wohnte in Schöneberg, Bertolt Brecht arbeitete im Theater am Nollendorfplatz (heute: „Goya“).

Das sind die „Trampelpfade“ des Fußgängers, der sich heutzutage über den Nollendorfplatz bewegt. Wie ginge das anders?

Mit einem umlaufenden, baumbestandenen Promenadenring in Anlehnung an die Platzstruktur um 1900 entwirft Janika Schmidt eine attraktive Verbindung aller sechs Kopfplätze – und damit auch der Kieze – an das zentral gelegene Bahnhofsgebäude. Voraussetzung auch hier: eine Reduzierung von Verkehrsflächen (auch der Parkplätze) zu Gunsten von Fuß- und Radverkehr.

Ausschnitt des Promenadenringes mit Kopfplatz südöstlich vom Bahnhof, direkt vor dem „Goya“ (Janika Schmidt).

Die Bodenplatten zitieren die Bahnhofsfassade aus großen Natursteinen (Janika Schmidt).

„Im Sog des Nollendorfplatzes“, so nennt Maik Karl seinen Entwurf. Seine Idee ist es, die Fußgänger schnell an ihr Ziel zu führen. Das zentrale Bahnhofsgebäude soll die Umgebung wie ein Strudel „anziehen“. Der neue Platz wird durch Wege und Aufenthaltsflächen unterteilt.

Der Entwurf von Maik Karl mit den umliegenden Kiezen aus der Luft betrachtet.

Perta Dorottya Mandoky orientiert sich bei ihrem Entwurf an der Linearität des Platzes, die durch die oberirdische U-Bahntrasse vorgegeben wird. Im Bild zu sehen ist die abstrahierte Grundstruktur.

Und das hat sie daraus abgeleitet: Einen Platzentwurf, der vor allem mehr Transparenz schaffen soll, durchlässiger sein soll. Die längs positionierten Elemente stellen Pflanzenbeete dar und eine neuartige Bodenbeleuchtung unter der Hochbahn.

Projektentwickler auf der Suche nach maroden Plattenbauten

— Nachricht —

Eine Firma aus dem Westerwald baut abrissreife Berliner Plattenbauten zu kostengünstigen Wohnraum um. Wie die F.A.Z. gestern berichtet, errichtet die Gesellschaft für Immobilien-Projektentwicklung und Unternehmensberatung (GPU) insgesamt 850 Wohnungen in Lichtenberg; so in einem ehemaligen DDR-Warenhaus am Anton-Saefkow-Platz, in einem alten Bahn-Verwaltungsgebäude in der Frankfurter Allee beim Bahnhof Lichtenberg (Q216) und in einer ehemaligen Sportlerunterkunft auf dem Sportforum Hohenschönhausen. Demnach sähen die Unternehmer Lutz Lakomski und Arndt Ulrich in Berlin einen riesigen Bedarf an Einraumwohnungen und wollten solche mit monatlichen Warmieten von 300 bis 350 Euro auf den Markt bringen. Anstatt abzureißen und neuzubauen, saniere die GPU die Gebäude zweckorientiert, aber qualitätvoll. Der Bezirk unterstütze die Vorhaben und reagiere mit zügigen Genehmigungen. (F.A.Z.)



Pioniere haben es schwer, aber keine Gentrifizierung in Neukölln?

— Bericht —

Den Ort für die Vorstellung der neuen Nordneuköllner Sozialraumstudie hätte man mit dem Rütli-Campus besser kaum wählen können. Zwischen Indoor-Kletterwänden und Schul-Polizeischutz bot die Schulmensa gestern das perfekte Ambiente für eine Diskussion um steigende Mieten, Gentrifizierung und Kiezstrukturen. Darauf lief die Veranstaltung am Ende hinaus, nachdem Sigmar Gude vom Büro Topos Stadtplanung die Ergebnisse der von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in Auftrag gegebenen Studie präsentiert hatte.

Deutliche soziokulturelle Veränderungstendenzen wären laut Studie nur im Gebiet Reuterplatz zu erkennen, sagt Gude. Hier hätten es selbst „Pioniere“ schwer, ins Gebiet zu kommen, denn der Anteil der „Gentrifier“ an der Bevölkerung erhöht sich nach 2007 von vormals 24 auf 33 Prozent. Gleichzeitig gehen die Anteile der „Normalbevölkerung“ von 44 auf 26 Prozent und der „Alten“ von 12 auf 2 Prozent stark zurück. Die Entwicklungen hier seien vergleichbar mit dem Graefekiez in Kreuzberg, nicht aber mit dem Kollwitzplatz in Prenzlauer Berg, sagt Gude. Im Gebiet Schillerpromenade habe die Gentrifizierung dagegen noch nicht begonnen. Die Anziehungskraft des Kiezes sei aber gewachsen. Der Anteil der „Pioniere“ steigt hier von 24 auf 45 Prozent, der der „Gentrifier“ bleibt mit 16 Prozent gering und hat sich zu vor 2007 kaum verändert. Die übrigen Gebiete im Neukölln innerhalb des S-Bahn-Rings seien mit der Schillerpromenade vergleichbar. In diese drei Gebiete hat die Studie das Untersuchungsgebiet aufgeteilt.

Die Studie untersucht auch die Wohnverhältnisse, Fluktuationen, Einkommensstrukturen und Mieten. Demnach hätten 85 Prozent aller Wohnungen Vollstandard. Die höchste Fluktuation, also kürzeste Wohndauer weist das Gebiet Schillerpromenade auf; hier befinden sich viele Kleinwohnungen. Für das Gebiet Reuterplatz gilt das Gegenteil, hier wäre der Wohnflächenverbrauch entsprechend höher. Zuzügler hätten ein höheres Einkommen als der Neuköllner Durchschnitt, lägen aber deutlich unter dem Berliner Durchschnittseinkommen. „Arme Haushalte werden durch etwas weniger arme ersetzt“, so sagt es Gude. Im gesamten Untersuchungsraum gibt es laut Studie nur 5 Prozent Eigentumswohnungen. Die Mieten liegen laut Studie bei Neuvermietungen in den letzten Jahren deutlich über dem Mietspiegel. Die Mietdifferenz bei Zuzüglern vor und nach 2009 ist mit plus 24 Prozent im Gebiet Schillerpromenade am größten. Doch die höchsten Mieten werden am Reuterplatz gezahlt.

Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) nimmt die Studie ernüchtert zur Kenntnis. „Es ist eine gute Sache, dass Panik in Sachen Gentrifizierung nicht angesagt ist“, sagt er. Gleichzeitig findet er es schade, dass von Neukölln keine Sogwirkung auf Gesamtberlin ausgehe. Buschkowsky selbst warf die Frage auf, wie die Studie denn mit der migrantischen Vielfalt im Bezirk umgegangen sei. Die Antwort von Sigmar Gude fiel dürftig aus; er verwies nur auf den statistischen Migrationsanteil von ca. 50 Prozent in der Neuköllner Bevölkerung.

Staatssekretär für Bauen und Wohnen Ephraim Gothe (SPD) sieht mit Neukölln kein neues Wohlstandsquartier entstehen: „Nein, davon sind wir wohl noch weit entfernt.“ Er verwies bei den steigenden Mieten auf den abnehmenden Wohnungsleerstand in Neukölln und betonte für ganz Berlin, es müsse über Wohnungsneubau geredet werden. „Das ist das einzige Mittel, das Druck vom Kessel nimmt“, sagt er.

Dass das in Neukölln gar nicht so einfach ist, darauf machte Baustadtrat Thomas Blesing (SPD) aufmerksam. 2010 wäre Neukölln mit 13 neugebauten Wohnungen pro 1.000 Einwohner der Bezirk mit der geringsten Neubauaktivität gewesen. Die Neubaupotenziale lägen laut Gothe vor allem in anderen Gebieten Berlins; so führte er in der Diskussion das Tempelhofer Feld als Beispiel an. Das Publikum antwortete mit einem Raunen.

Die Studie „Sozialstrukturentwicklung in Neukölln“ ist online abrufbar unter: http://www.quartiersmanagement-berlin.de/studie-sozialstruktur

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„Relaunch Nollendorfplatz“

— Nachricht —

Unter diesem Titel haben Studenten der Landschaftsarchitektur an der Technischen Universität Berlin (TU) Ideen für eine Umgestaltung des Nollendorfplatzes entwickelt. Ziel der Entwürfe war es, die Aufenthaltsqualität des Platzes zu erhöhen und die Diskussion um seine Zukunft anzustoßen. Das Projekt leitete die Landschaftsarchitektin Astrid Zimmermann. Anwohner sollen das Projekt an der Uni angeregt haben. Sie haben jetzt auch eine Facebook-Seite „Zukunft Nollendorfplatz – jetzt!“ eingerichtet, die bis dato 118 Mitglieder zählt. 2011 hatten Bezirkspolitiker von SPD und Grünen in Tempelhof-Schöneberg vereinbart, für das Gebiet Nollendorfplatz, Maaßenstraße, Winterfeldplatz eine Planungswerkstatt einzurichten. Die Entwürfe der Studenten werden bis 13. März in einer Ausstellung im Amerika-Haus, Hardenbergstraße 22-24, präsentiert. (Berliner Zeitung, winterfeldt-markt.de)

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Humboldtforum mit archäologischem Fenster

— Nachricht —

Die ausgegrabenen Schlossreste hinter der Humboldt-Box sollen erhalten werden. Das hätten die Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum und das Landesdenkmalamt Berlin beschlossen, schreibt die taz. Insgesamt sechs Räume soll das archäologische Fenster umfassen, das in das Humboldtforum integriert werden soll. Das umfasst nicht den ganzen Ausgrabungsbestand, der von der Humboldt-Box heute gut eingesehen werden kann. Nur eine Teilfläche im Südwesten des Schlossareals bleibe erhalten. Der Rest fällt der U55 zum Opfer, die das Baufeld unterqueren wird. Die archäologischen Funde sollen auch zukünftigen Besuchern zugänglich gemacht werden. Dazu seien jetzt Umplanungen mit dem Architekten Franco Stella zu besprechen. (taz)

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