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Garden Living: bissig am Domkirchhof

Garden Living: Übersichtskarte zwischen Chausseestraße (links), Tankstelle (oben) und Friedhof (rechts). Grüner Dschungel, ohne Raubtiere (Quelle: Garden Living, Peakside Capital)

Garden Living: Übersichtskarte zwischen Chausseestraße (links), Tankstelle (oben) und Friedhof (rechts). Grüner Dschungel, ohne Raubtiere (Quelle: Garden Living, Peakside Capital)

Nahe bei den Toten wohnt bald Garden Living. Ist ja nicht schlimm, auch Brecht schaute aus dem Fenster und sah Gräber …

Ich weiß noch ganz genau, wie ich mit dem Fahrrad über die Brache fuhr und von rechts ein kniehoher Kampfhund angerannt kam, um mich zu beißen. Wenigstens zu verjagen. Ich hatte mich von der Chausseestraße hier her gewagt, angezogen von einem Rest Berliner Mauer und jetzt blieb mir nichts anderes übrig als immer weiter geradeaus zu fahren. Ich hoffte, an der Friedhofsmauer würde ein Weg raus zur Liesenstraße führen. Nur als ich da ankam, war da keiner, und so zog ich einen weiten Bogen auf der Brache und kehrte in die Gegenrichtung zurück. Der Hund biss nicht. Aber im Abstand von etwa einem Meter eskortierte er mich zur Chausseestraße zurück. Sein Frauchen rief ihn die ganze Zeit über vergeblich. Die Brache war sein Revier. Zwei Jahre muss das ungefähr her sein.

Altes Kuppelkreuz von Berliner Dom auf Domkirchhof Liesenstraße (Foto: André Franke)

Altes Kuppelkreuz von Berliner Dom auf Domkirchhof Liesenstraße (Foto: André Franke)

Jetzt wurde hier Richtfest gefeiert. Das Projekt Garden Living entsteht hier, nach Entwürfen des Architekten Eike Becker. 16 Stadthäuser mit 161 Miet- und 200 Eigentumswohnungen werden zwischen der Total-Tankstelle und dem Domkirchhof gebaut, ein Areal von insgesamt 12.000 Quadratmetern. Spannend daran: der verzweigte, begrünte Blockinnenbereich, der chaotisch bis zufällig wirkt, sich öffnend zur Friedhofsmauer, über die hinweg manche der zukünftigen Garden-Bewohner auf das alte Kuppelkreuz des Berliner Doms herabsehen werden können, das dort auf dem Rasen steht. Ende des Jahres wird der erste Bauabschnitt fertig. Und 2016 die ganze Wohnanlage.

 

 

 

The Garden Living im Video hier

Über die besitzbare Stadt und ihre Besingbarkeit

Aus dem Song von Toni Kater: "Es ist wie ein Museum, es sieht nur noch gut aus. Und darum ziehen wir weiter und machen die nächste Stadt zu Eigentum."

Aus dem Song von Toni Kater: „Es ist wie ein Museum, es sieht nur noch gut aus. Und darum ziehen wir weiter und machen die nächste Stadt zu Eigentum.“

Am Späti in der Danziger Straße hab ich neulich jemand über Wohneigentümer sagen hören:

„Sie denken, sie kaufen sich eine Wohnung und die Szene dazu. Aber das können sie nicht.“

Das ist tatsächlich etwas – Szene – das man nicht besitzen kann. Man kann höchstens Teil von ihr sein und sich in ihr bewegen, sie mehr oder weniger mitgestalten. Szene entzieht sich Eigentum. (Vielleicht ist die Clubszene genau deshalb aus Prenzlauer Berg abgewandert. Übrigens weiß ich nicht, von welcher Szene der Mann eigentlich redete. Für mich gibt es in diesem Bezirk nur noch eine Szene: die Gastronomieszene.) Wie dem auch sei, die Musikerin Toni Kater hat einen Song aus dem Thema gemacht. In „Eigentum“ besingt sie New York als tote Stadt. Paris als Museum, das nur noch gut aussieht, und in Berlin gehen alle Türen zu. Im Video spaziert die Sängerin durch die Ella-Kay-Straße im Thälmannpark. Hier ist das Bauvorhaben „ELLA“ mittlerweile fast fertiggestellt, beim Dreh ist es noch eine Baustelle. 77 Eigentumswohnungen sind hier entstanden. In eine davon zieht im September eine entfernte Bekannte von mir ein, wie ich neulich erfuhrt. Aber Toni Kater trifft auch auf Kommunist Thälmann. Der Refrain des Songs ändert sich infolge dieser recht süffigen Symbolik in „Volkseigentum“ dennoch nicht. Soviel zum Video. Nun zum Event: Ausgerechnet heute, es ist der 16. April, der Thälmanns Geburtstag war, findet auf dem Messegelände ICC unter dem Titel „Zukunft Stadt@Grünbau Berlin“ ein Vortragsforum zu Stadtentwicklung statt. Bei einem der Vorträge geht es um den öffentlichen Raum als multifunktionalen Raum und in dem Zusammenhang um „Die besitzbare und bespielbare Stadt“.

Die Veranstaltung ist kostenlos. 

Toni Katers Song „Eigentum“ auf youtube … http://youtu.be/jmjmwMFAACg

Website der Musikerin: http://www.toni-kater.de