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Tränen wein´ich in Übersee – Abschied von der Streetart von Blu an der Cuvrystraße

Ein Jammer, dass es sie nicht mehr gibt - It makes me feel blue, Blu.

Ein Jammer, dass es sie nicht mehr gibt – It makes me feel blue, Blu.

Diesem malerischen Eingriff weine ich eine dicke, fette Träne nach! Wie mir trotz 13.587 Kilometern Entfernung in Perth zu Ohren kommt, hat man in Berlin die Mega-Bilder des Streetartisten Blu mit totschwarzer Farbe bedeckt. Man möge es mir nachsehen, wenn ich das Ergebnis daher als Leichentuch interpretiere. Was an der Cuvrystraße in nächster Zeit begraben wird, ist nicht unbedingt das, was es bereits seit September nicht mehr gibt, nicht die abgeräumte Zeltstadtromanze. Besiegelt und unter die betonierte Erde gebracht wird vielmehr etwas, womit selbst die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (SenStadt) seit Jahren wirbt und wovon auch sie sich allmählich verabschieden muss. Dieses Etwas, das Berlin im Vergleich mit anderen Großstädten hat und sukzessive verliert, ist sein natürgemäß nicht dauerhaftes Entwicklungspotenzial. Es schrie durch die Blu-Bilder zum Himmel! Etwa: „Dies ist die Stadt, in der alles noch offen ist, und wir werden sie gestalten.“ Dieser Aussagekraft schien sich auch SenStadt nicht entziehen zu können. Und so schmückt die Verwaltung auf ihrer website das Stadtentwicklungskonzept 2030 seit Jahren mit den Bildern von Blu. Ich warte auf den Moment, wann sie sie löscht.

Die Cuvrybrache an der Spree – Favela* mit erklärungsbedürftigem Sternchen

Cuvrybrache 2014Aufgeworfene Frage in der Facebook-Gruppe „Berlin Guides“: Ist die Cuvrybrache eine Favela in Berlin? – Auf den ersten Blick klingt das übertrieben. Die Favelas sind größer und werden von bis zu 200.000 Menschen bewohnt, liegen am Stadtrand und werden im Zuge ihrer Entwicklung sogar zu offiziellen Stadtvierteln erklärt. Die “Cuvry” ist dagegen überschaubar, kann in keine Himmelsrichtung expandieren, liegt in der Innenstadt, sogar an der Spree, und die Chancen, dass das, was die “Cuvryianer” dort laut einer Reportage des Tagesspiegel treiben, von Staatswegen annerkannt wird, sind gleich Null, schätze ich. Trotzdem: Wenn die Favela als brasilianische Variante einer informellen Siedlung in ihrer Riesendimension und mit ihrer oft nachträglich durch die Behörden gebauten Infrastruktur bildhaft die Hohe See ist, muss man in der “Cuvry” mehr oder minder den Dorfteich erkennen. Aber warum?

  1. Nun, sie expandiert zumindest in die Vertikale. Laut der oben genannten Reportage von Nik Afanasjew, die wirklich lesenswert ist, wurde bereits die erste Hütte mit zwei Geschossen gebaut, was zeigt, dass die Siedlung sich im Rahmen ihrer grundsätzlichen Flächenbegrenzung baulich weiterentwickelt und verdichtet. Das die Favelas ausmachende endogene Wachstum findet auch in der „Cuvry“ statt.
  2. Die “Cuvry” ist absolut informell. Das sind die brasilianischen Favelas auch. Genauso Gecekondus in der Türkei. Nur die Namen des immer gleichen Phänomens der Notverstädterung sind geografisch verschieden. So heißen sie in Argentinien „Villa Miseria“, in Chile „Poblaciones“, in Pakistan „Katchi Abadis“.
  3. Die “Cuvry” (und ich plädiere für eine gleichlautende Namenstaufe für deutsche oder zumindest Berliner informelle Siedlungen) ist Anlaufstation und Auffangbecken für Zuwanderer, ein Berliner Kopfbahnhof des 21. Jahrhunderts! Da wird berichtet von einem Philmon aus Lybien, auch von einem Polen aus Breslau und von bulgarischen Wanderarbeitern. Über den grauen Teppich, keinen roten, gelangen sie in die Großstadt. Auch die Tore von Sao Paulo & Co. sind für die Mittellosen grau. Von der Hüttenstadt aus denken und handeln sie, so auch in der „Cuvry“: Während Philmon erkennt, dass er Arbeit braucht, gehen Andere kriminellen Aktivitäten nach: “Wir gehen die Sinti und Roma klatschen”, heißt es in dem Bericht.

Was spricht noch dafür, dass die „Cuvry“ Berlins Favela ist? Kommentiert!

250 Wohnungen gegen 20 Zelte – Auf der Cuvry-Brache soll auch in Zukunft gewohnt werden, nur anders

Auf der Cuvry-Brache am Kreuzberger Spreeufer sollen Wohnungen gebaut werden. Wie die taz schreibt, hat der Investor Artur Süsskind am Donnerstag seine Pläne vorgestellt. Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) lehnt danach eine Bebauung ab und spricht sich für eine Freifläche aus. Er sieht die Lösung darin, dass Berlin die Fläche vom Eigentümer zurückkauft. Senatsbaudirektorin Regula Lüscher verteidigt sie mit der neuen Berliner Wohnungsnachfrage. Die Planungshoheit liegt bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, nicht beim Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Auf dem Gelände der Cuvry-Brache war früher das Yaam. Es war einmal ein Einkaufszentrum und Hotel dort geplant. Im letzten Jahr wollte das BMW-Guggenheim-Lab vor Ort über Stadtentwicklung diskutieren, aber es landete nach Protesten schließlich in Prenzlauer Berg.