Innen hui, außen pfui – Der Marienkirche wird der Hof gemacht

— Bericht — Das Bezirksamt Mitte will das Umfeld der Marienkirche neugestalten. Das von ihm beauftragte Landschaftsarchitektur-Büro Levin Monsigny hat am Dienstag ein Konzept vorgestellt. Es soll ein steinerner, rechteckiger Platz entstehen, der die Kirche einfasst und den Marienkirchhof wieder erkennbar macht; auch das Luther-Denkmal soll vor die Kirche zurückkehren, das heute an ihrer schattigen Nordseite steht. Architekt Rob Grotewal möchte, “dass die Kirche wieder Luft zum Atmen hat”.

Damit will der Bezirk der zunehmenden Verwahrlosung vor Ort wieder Herr werden. Roland Stolte, theologischer Referent der evangelischen Kirchengemeinde St. Petri-St. Marien, hält den Zustand für nicht tolerierbar. Er beschwert sich über den Urin, der unter den Türen durchläuft und über Fäkalien an den Außenwänden der Kirche, und spricht von einer “Diskrepanz zwischen der Sorgfalt im Inneren und der Verwahrlosung außen”.

Kritisiert wird das Konzept von der Gesellschaft für Historisches Berlin (GHB) und vom Bürgerforum Historische Mitte. Klaus Krause von der GHB findet die Absenkung des Marienkirchhofs im Grunde gut, fordert aber eine Gesamtplanung des Rathausforums, weil er befürchtet, dass Fakten geschaffen würden, die einer späteren Gesamtplanung im Wege stehen könnten.

Baustadtrat Carsten Spallek (CDU) sieht für einen Masterplan Rathausforum aber wenig Chancen, zumindest “nicht in dieser Wahlperiode”. Er hält das aktuell für nicht realistisch und sieht die Möglichkeit für eine Umgestaltung des Kirchhofs – würde man auf eine Gesamtplanung warten – erst wieder im Jahre 2020.

Das Bürgerforum lobt den guten Willen des Bezirks und des Büros, fordert aber, die historische Figur des Marienkirchhofs besser zu berücksichtigen. Stadtplaner Hildebrand Machleidt fragt: “Warum nicht in historischer Authentizität?” Und für den Historiker Benedikt Goebel steht das Konzept sogar in der radikalen, seit 170 Jahre währenden Modernisierungstradition, die den Stadtraum fortlaufend zerstöre. Er forderte Bezirk und Senat auf, das Konzept zu überdenken und “es anders zu versuchen, es anders zu wollen”, so Goebel.

Nur das Denkmal Martin Luthers wollen alle. Kunsthistoriker Jörg Kuhn vom Arbeitskreis Luther-Denkmal kündigt an, es werde eine moderne Interpretation des

historischen Sockels geben und im Januar 2013 ein Expertentreffen für die Planung stattfinden. Das Denkmal wurde 1895 auf dem Neuen Markt vor der Kirche gebaut, kam zu DDR-Zeiten nach Weißensee und wurde im Oktober 1989 an der Karl-Liebknecht-Straße einzeln, ohne Beifiguren wieder aufgestellt.

Der Umbau solle Mitte 2013 beginnen und 2015 enden, sagte Christoph Katerbau vom Landschaftsplanungsamt Mitte. Bauunterbrechungen seien wegen potenzieller Ausgrabungen einkalkuliert. Im September soll das Bezirksamt einen Beschluss fassen, dann die Kosten für eine Finanzierungszusage vorbereiten. Die Finanzierung sei “das ganz, ganz, große Fragezeichen”, so Katerbau. Es handele sich dabei um einen 7-stelligen Betrag, sagte er.

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