Eine Mitte der Bürgerschaft (19/22)

In dieser 22-teiligen Serie beschreibt Florian Mausbach seine persönlichen Vorstellungen für eine Umgestaltung des Rathausforums in Mitte. Die Texte gehen aus einem Vortrag hervor, den der Autor im September 2012 auf einer Veranstaltung zum Thema gehalten hat.

Der Fernsehturm und sein Sockel

Aber wie soll  eine Neugestaltung der historischen Mitte möglich sein angesichts des jeden Maßstab sprengenden Sockels des Fernsehturms? Dieses bizarre, mit Riesenstacheln in den Raum ausgreifende Beton-Faltwerk ist mit seinen Tentakeln, Wasserkaskaden und Blumenrabatten der Welt des Tivoli entsprungen, der Welt fliegender Bauten und Vergnügungsparks. Seine Dornen drohen St. Marien aufzuspießen, seine alles beherrschende Achse aus dreieckigen Becken und Rabatten stößt bis zum Neptunbrunnen vor. Sein theatralischer Gestus aber geht ins Leere.

Es wird Stimmen geben, die das monströse Stacheltier unter Artenschutz stellen wollen. Die sommerlichen Wasserspiele sind beliebt, doch gönnt der lange Berliner Winter ihnen nur eine kurze, wartungsintensive Spielzeit. Das maßlos Raum fressende Bauwerk aber verstellt jede neue bauliche Entwicklung. Es versperrt zudem den Zugang zu Alexanderplatz und dessen Bahnhof. Dorthin führen heute nur große Umwege oder Schleichwege vorbei an unfreundlichen Sockelhinterhöfen. Ein offener Zugang zum Alexanderplatz aber und umgekehrt eine einladende Öffnung des Alex zum künftigen bürgerschaftlichen Mittelpunkt Berlins würde beiden gut tun. Ein Sockel in neuer Gestalt sollte St. Marien Respekt zollen und Abstand halten. Er sollte wie die heutige Eingangshalle für das zu Aussichtsplattform und Drehrestaurant  hinaufstrebende Publikum sich ganz zu Alex und Bahnhof hin orientieren. So würde der Fernsehturm zum städtebaulichen Höhepunkt des aufwärts strebenden Alexanderplatzes, zum Primus einer wachsenden weithin sichtbaren Hochhaussilhouette.

Morgen: Teil 20 „Marx und Luther“

 

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