Die halbe Henne von Hohenzoll – eine animalische Ballade in 14 Strophen
… Schloss-Satire #3
Und das ist der lange Schatten meines Besuchs in der Ausstellung Schlossbaumeister: Der geschundene Adler Preußens ließ mich nicht mehr los, auch nicht auf dem Weg in den Urlaub. Welch schöneren Anlass als einen Aufenthalt in Weimar könnte ich nehmen, das Genre zu wechseln und auch einmal dem Lyrischen zu verfallen? Hier also das erste Gedicht auf Futurberlin – eine Hommage an alle gluckenden Greifvögel. Zunächst: das Objekt der Inspiration, die halbe Henne…
(1)
Die halbe Henne von Hohenzoll
Ist schon ein merkwürdiges Wesen
Sie sitzt nur da und wundert sich
Warum sie nicht kann fliegen
(2)
Da stolpert in das Museum rein
Und kehrt mit ehrwürdigem Besen
Der Pförtner, spricht: Erinn’re dich!
Du warst ein hohes Wesen
(3)
Oh sag, mein Lieber, du kanntest mich?
Erzähl mir mehr von diesem Leben
Was war, wo flog, wie stürzte ich?
Wie kam ich ins Museum?
(4)
Du stiegst gen Himmel – ja wundervoll
Dank deiner hergeraubten Federn
Sie hielten in den Schwingen sich
Die Schwingen bald verwesten
(5)
Verwesten! – Wo ich doch fliegen soll?
Das ging ja herzlos denn daneben
Zerstaubt mein edles Flügelpaar?
Was bin ich denn gewesen?
(6)
Du warst der Adler von Hohenzoll
Ein wahrlich jagdtaugliches Wesen
Mit Krallen, Schnabel, Augenlicht –
Nur Großes konnt’ es lesen
(7)
Ich nahm den Schnabel gar allzu voll?
Ist schon sehr lehrreich, dein Benehmen
Doch warte, langsam dämmert’s mich:
Ich stürzte ganz verwegen …?
(8)
Des Königs’s-Adlers Kanonenhall
Samt seinen kaiserlichen Späßen
War’n lustig für die Menschen nicht
Die Adler drüber schwebten
(9)
Im Traume flog ich nach Niederland
War es denn groß, das Reichsbegehren?
Der Luftraum bald verdunkelt sich
Und neuzehnsiebenvierzig …
(10)
Die Alliierten von überall
In einer meisterlichen Geste
Erkoren als das Übel: dich!
Nur Eier sollst du legen
(11)
Als Henne wie in’em Hühnerstall?
Da bleibt ja kaum was zu erstreben
Die Flügel wachsen innerlich
Bald werd’ ich mich erheben
(12)
Du heile Henne von Hohenzoll
Wie eine Katze hast du Leben!
Wie Phoenix aus der Asche kam
Wirst du am Schlosse kleben
(13)
Jawohl mein Lieber, von Hohenzoll!
Das war der Name meiner Väter
Was kommt zurück im Donnerhall:
Bin ich, ein Adlerswesen!
(14)
Da stolpert aus dem Museum raus
Und hat die Zukunft ausgelesen
Der Pförtner, schwört: Ich spende nicht!
Bleibst hier, du krumme Neese!
ENDE
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[…] Ungefähr 10.000 Steine bearbeiten die Bildhauer hier. Kleine und große, neue und Originale. Ich treffe auf der Führung, die der Architektur- und Ingenieurverein zu Berlin organisiert hat, das Säulen-kapitell wieder, das jahrzehntelang an der Ruine der Kloster-kirche lag, und natürlich gibt es hier sehr viele Adler, über die ich heute alles andere als spotten will (die Satire gibt´s hier). […]
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