„Und plötzlich begann der Bauwahnsinn“
Bausinn, Bauwahn, Bauwahnsinn? Ja, Bauen kann Sinn machen, und wahnsinnig machen vielleicht auch (siehe „Germania“). Oder muss man andersherum zuerst wahnsinnig sein, um zu bauen?
Senator Geisel lebe in einer Parallelwelt, die neue Liegenschaftspolitik sei eine Farce, und es gebe ein Kartell von Akteuren, die kleinteilige Nutzungsmischung auf Gebäudeebene verhindere. Das war gestern beim öffentlichen Stadtgespräch im Charlottenburger Stadtbüro von Katrin Lompscher zu hören – Sätze, die nicht von ihr kamen, sondern von den Gästen, dem Publikum.
Eventnotizen, quer durch den Gemüsegarten
Das Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs Wilmersdorf, das mit mehr als 900 Wohnungen bebaut werden soll, hieße jetzt „Friedenauer Höhe“, sagt jemand mit einem Lächeln auf den Lippen.
Es wurde kritisiert, dass das Land Berlin beim Projekt Elisabeth-Aue in Pankow weiterhin Grundstücke an Private verkauft (etwa 50 Prozent, wie ich hier neulich gelesen habe), anstatt sie zu behalten und ausschließlich in Erbbaupacht zu vergeben.
Es wurde erwähnt, dass ein Investor eine (billige) Bahnfläche am Westkreuz kaufen will, um sie zu bebauen und dass der Bezirk ihm das leicht mache.
Es wurde über die zwei Volksentscheide „Fahrrad“ und „Volksentscheide retten“ gesprochen, die beide für die Bundestagswahl 2017 zu spät kämen, weil sie von der Verwaltung torpediert würden (dazu ein Interview des Tagesspiegel mit Heinrich Strößenreuther vom Fahrradvolksentscheid). Es gäbe für die Verwaltung für die Bearbeitung keine Frist, was der „Retten“-Entscheid eben auch ändern wolle.
Berlin, die „Samsung-Stadt“
Katalin Gennburg, früher Stadtbüro-Mitarbeiterin von Katrin Lompscher, jetzt gewählte Abgeordnete aus Treptow, nannte in ihrer Agenda unter anderem, sie wolle großflächige Fassadenwerbung an Baustellen verhindern. Finde ich sehr symphatisch! Zwei Beispiele fallen mir sofort dazu ein: Beim Festival of Lights vorm mal wieder phänomenal-illuminierten Berliner Dom störte vor zwei Wochen nichts den Farbton des Abends mehr als das grelle Samsungschloss. Wenigstens für das Festival hätte die Stiftung Humboldtforum das Licht ausmachen können. Genauso bezeichnend für die Unsensibilität gegenüber seiner Umwelt ist der Standort „Samsungplatz“ … Na, wo ist der? Samsung-Großbildwerbung hängt auch an der Planfassade des Skandalgrundstücks Leipziger Platz 18/19, wo der „Samsunginvestor“ F100 aus Luxemburg für die erklärte Europäische, nutzungsgemischte Stadt Berlin keine „Samsungwohnungen“ bauen braucht, weil ein „S-Senator“ („S-“ wie Stadtentwicklung) ihm eine Ausnahme erteilt (die Presse berichtete umfangreich). Neben dem Berliner Bauwahnsinn existiert also auch ein Berliner Schauwahnsinn.
Apropos Umwelt … Ein Bausenator könne nicht gleichzeitig auch Umweltsenator sein, sagte gestern auch jemand und kritisierte die Ämterhäufung in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt. Das widerspräche sich und ermögliche Amtsmissbrauch.