Berlins zweite Begegnungszone – die Straße des 17. Juni. Da geht noch was (Foto: André Franke)
Berlin hat nach der Maaßenstraße in Schöneberg jetzt eine zweite, unverhoffte Begegnungszone: die Straße des 17. Juni. Allerdings ist sie zeitlich begrenzt bis zum Ende der Fußball-EM, dem 12. Juli. Gemeint ist natürlich die Fanmeile. Und nicht gemeint in diesem Zusammenhang sind die Massen vorm Tor, vorm Brandenburger, die nach der Einlasskontrolle ins Festivalgelände ja ohnehin verschmelzen; hier begegnet man sich nicht, hier lösen sich Körper auf. Aber westlich, jenseits der Yitzhak-Rabin-Straße, wo ein Zaun die Fanmeile vom Rest der Straße des 17. Juni abgrenzt, beginnt Richtung Siegessäule, ich nenne es mal: die „breite Freiheit“.
Meine Beobachtungen vom Sonntag: Es gehen die Fußgänger, es fahren die Radfahrer, es reitet die Polizei und es koten die Vierbeiner. Hier ist die Weltstadt echt in Ordnung, und niemanden stört irgendwas – abgesehen von den Autofahrern, die den Preis zahlen: Staus mit „situativen“ Straßensperrungen kündigt die Verkehrsverwaltung für Unter den Linden, Wilhelmstraße, Tiergartenstraße, Leipziger Straße, Scheidemannstraße und Tiergartentunnel an.
Auf die Meile gekackt, aber der Vierbeiner ist nicht schuld – es waren die Polizeipferde (Foto: André Franke)
Die „Freiheit“ (53 Meter breit, 1,3 Kilometer lang) bietet soviel Raum, dass man sich dort wie auf dem Feld fühlt, dem Tempelhofer. Und mit diesen Worten schafft die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung die wohl schnellst-gebaute, kostenfreiste und ungeplanteste Begegnungszone Berlins:
„Fußgänger und Radfahrer dürfen den Bereich in der spielfreien Zeit passieren.“
Sperrzaun im Tiergarten, Bellevue-Allee – dahinter lauert die Hundestaffel (Foto: André Franke)
Das sollte offenbar sogar für den Bereich der Fanmeile selbst gelten, aber die Kontrollposten enttäuschen auf Nachfrage. Die Fanmeile bleibt dicht. Bis zum Schluss. Das garantieren übrigens auch jede Menge Vierbeiner, und diesmal meine ich nicht Pferde, sondern die Hundestaffel. An der Bellevue-Allee lauern sie hinter den Zäunen auf Leute, die trotz der Absperrung spontan rübermachen. Das ist ein bisschen unheimlich. Denn ich fuhr Freitag Abend mit vier Damen vom Volkshochschul-Kongress eine „Oasen-Tour“ und landete mit ihnen überrascht am Innenzaun (wir waren nicht die einzigen), weil (nicht erkennbar) Teile des Zaunes an anderer Stelle herausgenommen waren und wir so ins Sperrgebiet gelangten. Wäre das am Sonntag passiert … wir hätten wohl im wahrsten Sinn des Wortes einen Staffellauf hingelegt.
Patrouille Richtung Siegessäule – Berittene Polizisten begegnen einem Passanten (Foto: André Franke)
Also, Fußgänger und Radfahrer dürfen den Bereich der Fanmeile auch in der spielfreien Zeit NICHT passieren. Das kann jeder selbst ausprobieren. Aber die „breite Freiheit“ bleibt gewonnen, der beschriebene Abschnitt der Straße des 17. Juni. Und das ist ein echtes Geschenk. – Auch das kann man ausprobieren.