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Aufgeschoben, nicht aufgehoben – die Feldarbeit geht weiter

Tempelhofer FeldKaum ist der Feldfriede in Tempelhof eingekehrt, werfen Politiker und Architekten mit neuen Ideen um sich. Das ist nicht nur gut so, sondern oberhammeraffentittengeil. Sofort entfesselt der Volksentscheid eine Kraft, die der Masterplan des Senats unterbunden und zuletzt fast vollständig gelähmt hatte: die Freiheit der Ideen. Genau dafür habe ich mein Kreuz bei der Initiative gemacht und lese jetzt in der Zeitung, dass Antje Kapek (Grüne) sich auf dem Tempelhofer Feld einen „Kulturhafen“ vorstellt oder (besser) Stephan Braunfels vorschlägt, das Feld mit konsequent dem Wohnen vorbehaltenen und fassadenbegrünten Punkthochhäusern mit bis zu 100 Meter Höhe abzustecken. 10.000 Wohnungen wären möglich, der Freiraum bliebe vollständig erhalten, von keiner Seite wäre die Sicht verbaut, aber von überall in Berlin nähme man die Ausmaße des Feldes wahr. Auf einmal ist alles klar: Die Hochhäuser, die sich Berlin am Alex wünschte, gehören in den neuen Süden ans Feld!

Was wird aus den JEIN-Kreuzern? – Die Berliner Zeitung navigiert den Wähler durch den Graubereich des Volksentscheids

JEINDrei Tage vor dem Volksentscheid zum Tempelhofer Feld habe ich einen Artikel der Berliner Zeitung von vor zwei Wochen rausgekramt, der noch einmal die verschiedenen Wahloptionen und Kreuzkombinationen zwischen den zwei Feld-Gesetzen beschreibt. Er ist eine gute Entscheidungshilfe. Gerade diejenigen, die weder für die Initiative noch für den Senat stimmen wollen, fragen sich, wohin sie die Kreuze setzen sollten, um ihre eigene Haltung zur Feldfrage auszudrücken. Gestern traf ich eine Freundin, die Stadtplanerin ist. Und nicht einmal sie ist sich im Klaren darüber. „Ich bin noch nicht in mich gegangen“, sagte sie. Aber je mehr man das tut, desto komplexer wird der Fall THF. Selbst wer beide Kreuze bei NEIN macht, kriegt die Senatspläne. Das zeigt der Artikel oben. Insofern bekommt die Option für die Initiative mehr und mehr den Charakter einer Notbremse. Und man kann für sie stimmen, aber gegen sie sein. Und wie Nikolaus Bernau in der Berliner Zeitung von gestern auch klar macht, kann man sogar Bebauung wünschen, aber gleichzeitig gegen die Senatspläne sein. Wie also kreuzt man für JEIN?

Volksentscheid macht Spaß, Mutti – Und Hunger!

Flughafengebäude am Tempelhofer Feld, aus südlicher Richtung (Foto: André Franke)

Die Berliner Zeitung stellt heute in einem Artikel die Positionen der Parteien zum Volksentscheid dar. Darin zeigt sich, dass keine der fünf Parteien dasselbe will, obwohl nur zwei Volksgesetze zur Abstimmung stehen. Am interessantesten ist die Haltung der Grünen. Sie unterstützen die Bürgerinitiative 100% Tempelhofer Feld, aber sie wollen den Bibliotheksneubau nicht. Sie wollen den Charakter des Feldes bewahren, aber auch Wohnungen bauen. Und sie haben sich kurzer Hand umentschieden, bis vor kurzem standen sie noch auf Seiten des Senats. Was sagt uns das?

Erstens, dass sich mit dem Volksentscheid mehrere Themen überschneiden, infolge dessen es nach dem 25. Mai auch zu Fehlinterpretationen kommen kann. Wer sein Kreuz für die Randbebauung macht, dem kann man später sowohl nachsagen, Sozialmieten unterstützt zu haben, als auch Luxuswohnungen.

Zweitens, dass der Masterplan-Städtebau des Senats mangelhaft und im Moment ohne Alternative ist. Man kann ja durchaus die Ränder des Feldes bebauen wollen, aber so, dass der Blick von der Ringbahn und Stadtautobahn auf die Feldweite und aufs Stadtzentrum mit dem Fernsehturm nicht verstellt wird.

Und drittens, dass es legitim ist, seine Meinung kurz vor der Entscheidung noch mal zu ändern. So ein Volksentscheid muss doch auch Spaß machen oder? Also sollte man sich auf gar keinen Fall die Lust am Kreuze machen und Pläne durchkreuzen nehmen lassen, erst recht nicht an einem Sonntag im Mai.