Locafox macht die Stadt zum Warenlager
Meine mentale Verbindung zum Saturn am Alex reicht, wie ich erstaunt feststelle, bis zur Hofjägerallee im Tiergarten. Dort nämlich entschied ich mich letzte Woche zum Kauf einer kleinen Kamera, die ich sicher auch in der City West, am Potsdamer Platz oder der Mall of Berlin hätte ergattern können. Ich fuhr aber zum Alex, weil mir die Einkaufswelt dort vertrauter ist.
In Kreuzberg hat sich vor knapp zwei Jahren ein Start-Up gegründet, das Menschen wie mir in Situationen wie dieser behiflich sein will. „Locafox“ betrachtet die Stadt mit samt ihren Einkaufswelten als riesiges Warenlager und verschafft Konsumenten online den direkten Zugang zu den gesuchten Produkten. Der Kunde sucht, zum Beispiel wie ich, eine Kamera, gibt seinen Standort ein und findet sie in seiner unmittelbaren Umgebung, vielleicht nur 200 Meter entfernt in einem lokalen Fachgeschäft.
„Locafox“ ist kein Internethandel, sondern zielt darauf ab, den unter der wachsenden Konkurrenz des E-Commerce (wie Zalando) leidenden stationären Einzelhandel in Berlin zu stärken. Das Unternehmen, das sich momentan in der Testphase befindet, hat somit edle Absichten. Denn ein florierender Einzelhandel heißt für die Stadt belebte (Geschäfts-)straßen und boomende Malls, auch wenn sich die kleinteiligen Läden und die großen Einkaufszentren teilweise als Konkurrenten gegenüber stehen.
Die Stadt als Warenlager transparent zu machen, ist allerdings eine gigantische Herausforderung, der sich wohl auch die Locafox-Gründer anfangs nicht bewusst waren. Als deutschlandweites Projekt gedacht, konzentrieren sie sich vorerst nur auf Berlin, wo Locafox mit etwa 250 Händlern Verträge geschlossen hat. Diese Händlerdichte macht es möglich, dass hier nach bis zu 500.000 Produkten gesucht werden kann, vorzugsweise im Bereich Elektronik. Auch hier hat sich das Start-Up erstmal spezialisiert.
Wer dagegen bestimmte Bücher sucht, kommt hier noch nicht auf seine Kosten, weil viele Händler, insbesondere kleine Buchhändler über kein Warenwirtschaftssystem verfügen. „Sie wissen nicht, was sie führen“, sagt Thilo Grösch von Locafox. Das zeigt, dass es sich bei dem Projekt im Grunde um den Versuch handelt, die hochdynamischen Warenkreisläufe in einer (Groß-)Stadt übers Internet zu erfassen und zu 100 Prozent zu digitalisieren. Markenunabhängig suchen, ohne Mental-Map.
Am Ende stünde der gezielte Einkauf – in der realen Welt. Ohne Umherschweifen, ohne Bummeln, ohne Zeitverlust. Abkürzen wie bei IKEA. Das käme wahrscheinlich Männern entgegen. Für Shopping-LiebhaberInnen, die ja gerade im permanenten Suchvorgang die Erfüllung finden, würde Locafox aber vielleicht auch das Ende eines Freizeitvergnügens bedeuten, so sie denn die neue Plattform auch nutzen.
Hier der Link zur website Locafox: www.locafox.de/berlin/