Gothe streitet um Haus in der Habersaathstraße

In der Habersaathstraße, gegenüber der neuen BND-Zentrale, steht ein graugelbes langes Haus. Es stammt aus dem Jahr 1984 und diente als Wohnheim für Mitarbeiter der Charité. Nach der Wende in Landesbesitz geblieben, verkaufte Berlin das Haus für zwei Millionen Euro an einen Privateigentümer im Jahre 2006. Ein weiterer Eigentümerwechsel fand 2017 statt; heute gehört das Gebäude – und damit alle 106 Mietwohnungen – einer Firma namens Arcadia Estates.

106 Wohnungen in langem Gebäuderiegel

Arcadia Estates will das Haus abreißen und 91 Luxus-Wohnungen neubauen. Das hat der Bezirk Mitte ihr aber versagt. Baustadtrat Ephraim Gothe benutzt dafür das novellierte Gesetz gegen die Zweckentfremdung, damit schafft er einen Berlin-weiten Präzedenzfall. Investoren müssen den Abriss kompensieren, indem sie Wohnraum schaffen, der für maximal 7,92 Euro pro Quadratmeter netto/kalt zu haben ist. Oder die Häuser bleiben stehen.

Arcadia Estates entmietet die Wohnungen

Weil Arcadia Estates mehr will als 7,92 Euro, steht das Haus also noch. Sie schmeißt allerdings die Mieter raus, hat im September 2018 allen gekündigt. Nur noch 20 Wohnungen sind im November bewohnt (von 106!). Die Mieter wurden auch mit Abfindungen zum Auszug gelockt, berichtet die Morgenpost, aus deren Artikel (siehe unten) die meisten Infos hier stammen.

Eine Modernisierung kommt für Arcadia Estates nicht in Frage. Sie hatte eine angekündigt, aber es scheint, als sei sie nur vorgeschoben. Arcadia sind die Kosten zu hoch, und so betreibt sie jetzt eine „Verwertungskündigung“. Am Ende dieses Weges steht ein leeres Haus. Aber noch ist es nicht so weit: Einer der Mieter, die bleiben, ist Theo Daniel Diekmann. Und der hält aus. Diekmann ist Mietaktivist und seit dem 21. September, wie das ZDF zeigt, auch Opfer eines Brandanschlags auf sein Auto. Es war mit Plakaten für den Mieterkampf beladen. Die Ermittlungen laufen.

In den Fenstern spiegelt sich der rot verklinkerte Neubau des BND

Wie der Präzedenzfall ausgeht, darüber wird vermutlich ein Gericht entscheiden. Arcadia Estates zeigt sich sehr sicher in dem, was sie tut: Das Gutachten zur Verwertungskündigung sei durch Fachleute ganz genau geprüft, sagt der Geschäftsführer der Morgenpost.

Vor Jahren in der Barbarossastraße

In der Barbarossastraße in Schöneberg hat sich vor Jahren ein ähnlicher Fall abgespielt. Ein Wohnhaus aus den 50er Jahren wurde abgerissen. Damals gab es noch keine Zweckentfremdungsverordnung. Der Bezirk handelte Pro Eigentümer, wie bei der Berliner Mietergemeinschaft nachzulesen ist und bei Andrej Holm (siehe unten). Hochtief argumentierte wie die Arcadia in der Habersaathstraße mit einer Verwertungskündigung.


LINKS (zu Habersaathstraße)

  • „Mitte stoppt Abriss von preiswerten Wohnungen“ in der Morgenpost vom 7. November 2018
  • „Luxussanierung und Entmietung in Berlin“ im ZDF vom 22. Oktober 2018
  • Zweckentfremdungsverbot-Gesetz (Novelle vom April 2018)

LINKS (zu Barbarossastraße in Schöneberg)

  • „50er-Jahre-Wohnbau am Barbarossaplatz soll weichen“ in Berliner Woche vom April 2013
  • „In Schöneberg soll Sozialer Wohnungsbau Nobelwohnungen weichen“ im Mieterecho von September 2011
  • „Verdrängung durch Luxuswohnprojekt in Schöneberg“ von Andrej Holm auf Gentrification-Blog vom 1. März 2010
1 Antwort

Dein Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns Deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert