Schlosskuppel mit Weihnachtsbaum

Ein Wort zuviel am Schloss

Schlosskuppel mit Weihnachtsbaum

Schloss mit Risiko: Schon wieder Richtfest oder was? Frohe Weihnachten für die beste Baustelle Berlins, wünsch ich! (Foto: André Franke)

Es ist keinesfalls so, dass ich das Schloss schlechtreden will oder mich freuen würde und heimtückisch darauf warten, wenn der Bau doch länger dauern sollte. Im Gegenteil, ich preise die Schlossbaustelle bei fast jeder Führung als “beste Baustelle Berlins”, bei der man voll im Kosten- und Zeitplan liege – noch. Genau dieses Wort – noch – lese ich im letzten Satz einer Anzeige im Tagesspiegel. Der Bauherr selbst, Manfred Rettig, Vorstand und Sprecher der Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum, erläutert auf wenigen Zeilen, wie das Risikomanagement auf seiner Baustelle funktioniert. Oft seien im Hinblick auf den Umfang der Baumaßnahme und die Qualität der technischen Ausstattung die Anforderungen der Nutzer zu hoch, unvollständig oder unwirtschaftlich. Und so fährt er fort:

“Sind Entscheidungen zum Bau aber einmal gefallen und mit den technischen Einbauten durchgeplant, dann sind nachträgliche Änderungen das größte Risiko.”

Nachträgliche Änderungen – sofort denkt man an das BER-Terminal, das im Laufe der Planung (und sogar im Laufe des Baus) immer mehr Shopping-Mall wurde als Luftreisehaus. Rettig weiter: Von mehr als zehn verschiedenen Ingenieursfachrichtungen müssten diese Änderungen bei komplexen Baumaßnahmen bearbeitet werden – “mit unabsehbaren Folgen für Kosten und Termine”. Es folgt in der Anzeige ein Appell an die Disziplin von Politikern, Architekten, Nutzern und Bauherrn und: der Satz mit dem Wort zuviel (ich lasse es im Folgenden mal weg): “Beim Berliner Schloss – Humboldtforum sind wir hier (…) auf gutem Wege.”

Wie gesagt, es treibt mich nicht die potenzielle Schadenfreude. Mir ist vielmehr klar geworden, dass der Reiz dieses Positiv-Baus in dem Damokles-Schwert liegt, das über ihm schwebt – über den Bau und über Manfred Rettig selbst, der unstrittig als erfolgreicher Bauherr gilt, (…). Denn einen neuen Nutzerwunsch hat es mit dem Rückzug der ZLB schon gegeben. Berlin will stattdessen ein Stadtmuseum als Beitrag zum Humboldtforum einrichten. Wie Paul Spies als designierter Direktor der Stiftung Stadtmuseum Berlin seinen Wunsch gedenkt auszugestalten, ist auf Inforadio nachzuhören (49:21 min.). Dort gehen Spies und Rettig schon mal auf Tuchfühlung.

Maja Patas: Fotomontage von Andreas Geisel

Ergreift Geisel die Stadtkrone?

Maja Patas: Fotomontage von Andreas Geisel

Ein Berliner Kopf: Senator Andreas Geisel auf einer Fotoabstraktion der Künstlerin Maja Patas (© Maja Patas, mit freundlicher Genehmigung)

Unglücklicher könnte die Kombination nicht sein. Die Berliner Zeitung gab am Dienstag eine Beilage “Wirtschaft Berlin – Wohnungswirtschaft und Wohnungsbau” heraus, in der sie auf Seite 9 in einem Artikel die 24 Hauptstandorte für den Wohungsbau beleuchtet: Mauerpark, Elisabeth-Aue, Wasserstadt Spandau … Nur bebilderte die Redaktion den Beitrag mit einem Modellfoto vom gerade überarbeiteten Masterplan des Alexanderplatzes, mit einem Hochhausstädtebau, der mit seinen bis zu 150 Meter hohen Towers bei bestimmten Wetterlagen wortwörtlich “an den Wolken kratzt”. Die Hauptstadt wachse und benötige dringend bezahlbaren Wohnraum, so der Untertitel, der irreführender kaum sein kann, wenn da weiter steht: “Kommunale Gesellschaften gehören längst wieder zu den Bauherren.” – Das stimmt ja im Allgemeinen, aber nicht doch für die Türme vom Alex, die alle im Privateigentum gebaut werden. Sozialer Wohnraum entsteht hier nicht, sagte auch Senatsbaudirektorin Regula Lüscher bei der Vorstellung des neuen Kollhoff-Plans vor zwei Wochen: “150 Meter ist schon erheblich und bedeutet eine wirtschaftliche Anstrengung”. Eine Anstrengung, die belohnt werden will. Im Hines-Tower von Frank O. Gehry sollen 250 Eigentumswohnungen entstehen. Also, hier kann man wirklich auf falsche Gedanken kommen.

Auch auf den, dass Senator Geisel die Türme baut. Gleich im ersten Absatz wird seiner Manpower gehuldigt. Der Bausenator “schrecke” nicht davor zurück, “Baugrund zu Gebieten von ‘außergewöhnlicher stadtpolitischer Bedeutung’ zu erklären, um Planungs- und Beteiligungsverfahren an sich zu reißen (…)” – Reißen, nicht Ziehen. Die Wortwahl zeigt doch, dass ich mit meinem Eindruck, der Bausenator wäre eine “Erscheinung” (siehe Newsletter „Skyscraper“ #50/15) gar nicht so falsch liege und damit nicht alleine bin oder? Auch hier hat Autor Michael Hielscher ja vollkommen recht, wenn er die Beispiele aufzählt, bei denen der dynamische, durchsetzungsstarke Bausenator den Bezirken die Planungshoheit entzogen hat: Mauerpark, Elisabeth-Aue, Buckower Felder, SEZ. Den Checkpoint Charlie kann man seit kurzem auch noch hinzufügen. Aber ist er denn imstande, um zum Fehlfoto zurückzukommen, auch die “Stadtkrone” an sich zu reißen? Die Türme vom Alex in der Hand Geisels … Das ist die Assoziation, die sich dem Leser hier aufdrängt. Und ich gebe zu, ich finde sie sehr unterhaltsam.


Hier die Beilage „Wirtschaft Berlin“ der Berliner Zeitung

Dass die Skyline vom Alex grundsätzlich ausbaufähig ist, lest Ihr hier auf dem Blog in diesem Artikel

Ausstellung: Maja Patas „Berlin und seine Köpfe“, bis 9. Januar 2016 im Foyer der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, Am Köllnischen Park 3, 10179 Berlin. Die Künstlerin hat für den Artikel freundlicherweise ihr Werk vom Senator zur Verfügung gestellt. Danke.

Philharmonie

Winterempfang für einen Kritiker

Philharmonie

Großer Nachbar fürs geplante Museum der Moderne: die Philharmonie auf dem Kulturforum (Foto: André Franke)

Nikolaus Bernau ist immer eine Reise wert, auch wenn ihm selber die Reiseziele öfter mal zu entgleisen drohen. Da kann ich mich an eine Veranstaltung beim Werkbund Berlin erinnern, als es vor längerer Zeit um den privatisierten Wiederaufbau der Bauakademie ging. Auf den Hauptkritiker dieser Angelegenheit wartete man … eine Weile, aber keinesfalls umsonst. Am Mittwoch nun, verfehlte der Journalist der Berliner Zeitung den Winterempfang der Bundesstiftung Baukultur. Bernau war für einen Vortrag eingeladen, den er halten sollte. Nur fuhr er in die Schiffbauergasse in Potsdam, wo die Stiftung ihren Sitz hat, während man bei Fingerfood und Aperol-Spritz in der Skybar des Haus Berlin am Strausberger Platz, tolle Blicke auf die nächtliche Karl-Marx-Allee werfend, die Irrfahrt des Architekturkritikers vernahm. Stiftungschef Reiner Nagel informierte die Gäste. Bernau traf dennoch rechtzeitig ein. Mit dem Taxi, wie er sagt. Und hatte gleich eine super Einleitung parat. Von Potsdam bis hierher durchfahre man beinahe ausschließlich Stadt des zwanzigsten Jahrhunderts. Es folgte sein Vortrag über Berliner Architekturwettbewerbe für Museumsbauten von der Kaiserzeit bis heute. Und er gipfelte in einer Kritik am neuen geplanten Museum der Moderne, das an der Potsdamer Straße zwischen Neuer Nationalgalerie und Philharmonie auf dem Kulturforum gebaut werden soll. Der Standort sei falsch, Standortalternativen wären nicht debattiert worden, die Baukosten mit 200 Millionen Euro seien zu teuer, und überhaupt seien alle an der Planung und Entscheidung Beteiligten hinter Kulturstaatsministerin Monika Grütters hinterhermarschiert. An diesem Abend verfehlte Nikolaus Bernau trotz seines großzügigen Anfahrt im Grunde gar nichts, weder mein Zwerchfell, noch die Bauherrin des Museumsprojekts, Petra Wesseler, die Präsidentin des BBR (Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung), die eben auch anwesend war und sich im Anschluss der Diskussion stellte. Es klang, als hätte Bernau sogar ins Schwarze getroffen. Wie mir zu Ohren kommt, haben sich manche Publikumsgäste etwas auf die Füße getreten gefühlt, was wohl nicht dazu führen wird, die Standortfrage für das Museum der Moderne zu überdenken oder gar anders zu beantworten, denn der Ideenwettbewerb für das Projekt läuft bereits.


Und das erzählt Nikolaus Bernau in einem Gespräch mit dem Blogger Daniel Fuhrhop (Verbietet das Bauen), u.a. auch zum Kulturforum (Podcast) …