Das Schlossprojekt am Platz der Luftbrücke

Der Tagesspiegel ist in den Besitz eines ominösen Gutachtens zur Sanierung des langen, langen und vor sich hin bröckelnden Flughafengebäudes gekommen, das erstens seit 2011 aus unbekannten Gründen unter Verschluss gehalten und von dem zweitens weder berichtet wird, wer es erstellt, noch wer es in Auftrag gegeben hat. Das Gutachten bringt drittens eine markante Zahl nach Tempelhof, die der ein oder andere deutsche Steuerzahler vielleicht schon mal im Zusammenhang mit Deutschlands bedeutendstem Kulturbauprojekt zur Kenntnis genommen haben könnte. Die Sanierung des Gebäudes am Platz der Luftbrücke würde 478 Millionen Euro kosten. Soviel gibt die Bundesrepublik für den Wiederaufbau des Berliner Schlosses an der Spree aus, auf die Million genau und im Moment. Das bedeutet, dass sich Berlin ein 81-prozentiges Schloss auf dem Feld in Tempelhof baute, wäre es an einer langfristigen Nutzung des Hauses interessiert. Damit einher ginge auch keinerlei architektonische Bereicherung. – Na bitte: ein Grund mehr für den Neubau der Zentral- und Landesbibliothek gleich nebenan oder nicht?

Tagesspiegel-Artikel Nr. 1

Tagesspiegel-Artikel Nr. 2

Tagesspiegel-Artikel Nr. 3 (Kommentar)

Italienischer Soziologe hält Berliner Radler für Faschisten – Mief heil …

Fiel ihm da wirklich kein anderer Begriff ein, keine treffendere Bemerkung, kein sanfteres Wort? In einem Artikel der F.A.Z. wird der Soziologe Francesco Masci aus seinem neuen Buch “Die Ordnung herrscht in Berlin” mit einem Satz zitiert, der wie eine Bombe einschlägt: Bei den Berliner Radfahrern fände sich ein gewisser Faschismus. (Der Konjunktiv möge an dieser Stelle die Bombe zu einem Blindgänger machen.)

Haben wir das verdient? Wir, die Radelnden, die als “Büroflitzer” morgens ins Büro fahren, abends zurück nach Hause und auf diese Weise unseren Bewegungsmangel kompensieren; wir, die Radelnden, die als Kuriere auf den Straßen Berlins täglich Tour-de-France-Etappen zurücklegen und quasi auf ihnen zu Hause sind; wir, die Radelnden, die im “Family-Pack”, Kind und Kegel im Karren, nach Kopenhagener Vorbild unseren Alltag gemächlich durch Kiez und Stadtteil manövrieren; und wir, die radelnden hedonistischen Touristen?

Nein. Die Berliner Radfahrerschaft ist zersplittert. Die “Flitzer”, “Herdenradler” und “Karrentreiber” fahren mit äußerst verschiedenen Geisteshaltungen über die Straßen der Stadt. Ihr nicht immer und überall zu Tage tretendes Unverständnis, ihre Arroganz und Aggression richten sich nicht “gleichgeschaltet” gegen alles Nicht-Radelnde, sondern auch gegen sich selbst. Faschismus ist hier nicht in Sicht, allein deshalb nicht, weil ohne autoritäre “Führung” geradelt wird.

Masci schreibt weiter:

“Der Berliner Radfahrer versteht sein Fahrrad als Sinnbild der Reinheit; er ist davon überzeugt, das Gute zu tun, den anderen überlegen zu sein und deshalb auch alle Rechte zu haben.”

Damit hat er den Nagel auf den Kopf getroffen, aber es klingt, als wolle er sich die erlangte Erkenntnis nicht eingestehen und den Radlern ihren Nimbus streitig machen. Dabei schreit die Überlegenheit des Fahrradfahrers gegenüber dem motorisierten Individualverkehr in der Innenstadt zum Himmel, wenn man sieht, wie spielerisch die Zweiräder an den aufgestauten Reihen der Pkw – sei es vor Ampeln oder Baustellen – vorbeiziehen. In solch einer glücklichen Lage, im Vorbeiziehen eben, sieht man, riecht man und fühlt man, dass das, was da aus den Auspuffen zum Beispiel in Form von Wärme herauskommt, ein hoher Preis für die kurze Fahrt von A nach B ist, den nicht nur diejenigen bezahlen, die drin sitzen, sondern auch alle andern draußen. Mief heil.

Und was das Recht anbelangt, hat der Berliner Radfahrer durchaus neue Rechte hinzugewonnen, für die er sich zum Teil auch lautstark einsetzt. Sie liegen zum Beispiel in der Anlage 2 der Straßenverkehrsordnung hinter dem Vorschriftszeichen 244.1 verborgen. Dort steht, dass Radlern in “Fahrradstraßen” das Nebeneinanderfahren erlaubt ist. Die gibt es zum Beispiel in Mitte oder Prenzlauer Berg. Hier aber müssen die Radfahrer um dieses Recht jeden Tag aufs Neue kämpfen – gegen Fahrzeug-“Führer”, vor allem Taxifahrer, die dieses mittlerweile bekannte Recht in Frage stellen und ignorieren. Wollen wir hoffen, dass Masci, der laut Artikel in Berlin lebt, die Idee zu einem neuen Berliner Radfahrerfaschismus nicht auf der Rücksitzbank eines gegen die Regeln verstoßenden Taxis in der Linienstraße kam. Dann hätter er seine verbale Bombe auf der falschen Seite gebaut.

Zwischen Metropolenboulevard und Großstadtkiez – Die Kleiststraße in Schöneberg ist ein Ort „dazwischen“

Hier ging Herrn Grundeis der Arsch auf Grundeis, als “Emil und die Detektive” ihn in die Bankfiliale jagten: am Nollendorfplatz, Ende Kleiststraße. Und wenig später bekam Emil sein Geld zurück – natürlich alles nur fiktiv in Erich Kästners Kinderroman. Dem Nollendorfplatz sieht man seine Legenden nicht an. Zweifelhaft, ob sich Altkanzler Helmut Schmidt mit seiner Loki hier ein zweites Mal verloben würde, wie er es 1942 tat. Der einstige Schmuckplatz ist verschmutzt, deformiert und grau. Dabei ist der “Nolle” das Tor des Nordens für den gründerzeitlichen Winterfeldtkiez. Schaut man von hier aus nach Westen, erkennt man in der Ferne Peek & Cloppenburg am Tauentzien. Das Kaufhaus drüben ist eine Perle des Metropolenboulevards der City West, aufgereiht neben einer anderen, dem KaDeWe am Wittenbergplatz. Doch dazwischen, was liegt da? Ein Spaziergang durch die Kleiststraße zeigt einen Ort, der sich verändern wird …

Der ganze Artikel ist zu lesen: gedruckt im Magazin „berlin vis à vis“ Nr. 55, Ausgabe Sommer 2013 oder hier online.