Auf einen Gang durchs Bethaus
— Audio — Es hätte für den geschassten Petriplatz auch anders kommen können: runder, spitzer, farbiger. Aber es kommt der Entwurf der Architekten Kuehn-Malvezzi, über den die Presse vor kurzem berichtet hat. Wer durch die gestern eröffnete Ausstellung zu den Bet- und Lehrhäusern des Petriplatzes geht, wird kaum etwas dagegen einzuwenden haben. Das Haus, das gewonnen hat, bringt die nötige Ruhe mit, damit der umtriebige Platz „runterkommt“. Wie man „raufkommt“, bis auf die Stadtloge im Turm (auch ohne zu beten), beschreibt der Architekt Johannes Kuehn in seiner Ansprache, die er gestern in der Parochialkirche gehalten hat. Bon Voyage!
[audio:https://futurberlin.de/wp-content/uploads/2012/09/Ansprache-von-Architekt-Johannes-Kuehn.mp3|titles=Ansprache von Architekt Johannes Kuehn]Wir haben uns in dem Projekt vor allen Dingen darauf konzentriert, die Gemeinsamkeiten des Projektes nach vorne zu bringen. Wir gehen davon aus, dass jede Religionsgemeinschaft ziemlich genau für ihren Teil Vorstellungen hat von den eigenen Räumen. Aber das Gemeinsame, was eigentlich das Besondere an dem Projekt ist – es ist ja nicht nur eine Moschee oder es ist nicht nur eine Kirche oder eine Synagoge, sondern es ist ja auch mehr als die Summe der Teile, es ist genau, dass man etwas zusammenbringt und gemeinsam etwas schafft, das jeder einzelne dieser Räume alleine nicht leisten könnte.
Es geht also sehr stark um diesen gemeinschaftlichen Raum, und das werden Sie hier drin auch wiederfinden. Den haben wir in die Mitte gestellt. Es ist auch der höchste Raum, und über diesem höchsten Raum finden Sie oben nochmal eine Erhöhung in Form eines Turmes, wie man das von Kirchentürmen her kennt – aber er sieht anders als ein Kirchenturm, weil es eben auch etwas anderes ist. Und in so fern weist er sehr weit hinaus über das, was eigentlich sich im Inneren hier abspielt. Und er weist in die Stadt hinaus. Und es war uns wichtig, mit diesem Gebäude – auch für diejenigen, die vielleicht gar nicht wissen, was es ist – in die Stadt hineinzuwirken und schon mit dem Thema des Monumentes zu arbeiten, das heißt, der Stadt etwas hinzuzufügen an dieser Stelle, die ja im Moment durch eine gewisse Trostlosigkeit gekennzeichnet ist, aufrund der Gertraudenstraße, die dort vielspurig vorbeiführt.
Und wir denken, dass es ein Ort sein kann, der der Stadt etwas zurückgibt an der Stelle, der in der Weise, dass er die Menschen animiert, in das Gebäude zu kommen, die vielleicht mit Religion erstmal nichts am Hut haben, dass sie in das Gebäude kommen, weil sie interessiert sind, weil sie etwas wissen wollen, weil sie vielleicht einfach nur auf den Turm steigen wollen. Und dann gibt es die Möglichkeit, dass man das Gebäude in seinen öffentlichen Bereichen kennenlernt, ohne überhaupt erstmal in die streng genommen religiösen … Teile vorzudringen, sodass man die Möglichkeit hat, unten reinzukommen.
Da gibts ein Café und dann kann man die Treppe hochlaufen, und die schraubt sich so zu dem zentralen Raum, von dem dann die einzelnen drei religiösen Räume abgehen und dann kann man weiterlaufen. Und dann kommt man auf eine Empore, die kann man sich als eine Bibliothek vorstellen. Dann kann man weiterlaufen, und man kommt dann oben auf der Stadtloggia, so haben wir das genannt, an, auf der Höhe von 32 Metern, wo man dann über die Dächer der Stadt schauen kann und wo man dann eigentlich wieder den Blick zurück in die Stadt werfen kann.
Und dann kann man sich beim Absteigen überlegen, ob vielleicht doch noch etwas mit den Funktionen, die in diesem Gebäude sind, zu tun haben möchte – vielleicht lässt man es, vielleicht kommt man wieder – und auf diese Weise, denken wir, schaffen wir eine Möglichkeit, einen öffentlichen Raum zu schaffen, der das Potenzial, was auf dieser relativ kleinen Fläche versammelt ist, nochmal über die Geschosse in die Vertikale bringt.