Volksgefährt a.D. sucht Palastparkplatz – Warum der Schlossmission weiterhin nicht zu trauen ist

Als Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU) vergangenen Mittwoch von den Wahrheiten der zukünftigen Schlossarchitektur sprach, konnte man durchaus ungläubig werden – selbst wenn man sich zu den Schlossbefürwortern zählen sollte. Bei der Grundsteinlegung verkaufte er den Architekturmix aus zeitgenössischen und Barockfassaden als Geste für ein Geschichtsverständnis, das immer auch „verschiedene Wahrheiten“ gelten lasse. Der Ort hätte nach seiner Auffassung also nur zwei Geschichten zu erzählen: die des Schlosses der Berliner Könige und Kaiser auf der einen Seite und die Geschichte des zukünftigen Humboldtforums auf der anderen. Das konnte natürlich auch eine rhetorische Raffinesse gewesen sein, die Volkspalastgeschichte vom „Wahrheits“-Begriff komplett auszuklammern. Doch die Humboldt-Box selber zeigt, dass die Verdrängung der DDR-Geschichte auch an diesem Ort nicht möglich ist: Die taz-Autorin Nina Apin hat bei einem Besuch der „offenen Baustelle“ am Sonntag im Souvenirsverkauf in der Box Trabant-Modelle entdeckt. Die dritte Wahrheit, in Gestalt des sozialistischen Volksgefährts, bahnt sich ihren Weg. Immerhin war der Ort auch einmal Großparkplatz! Aber da beißt sich doch die Katze, der Bauakt, in den eigenen Schwanz. Der Schlossverein kalkuliert sein Barockprojekt mit der Attraktivität des untergegangenen Staates. Dabei setzt er in der Humboldt-Box auf die Touristen und muss sich vielleicht auch eingestehen, dass aus Besucherperspektive der DDR-Kitsch heute greifbarer ist – weil nicht so lange her -, als die schwerer zu greifende Antwort auf die Frage, warum eine Demokratie ein Gebäude der Monarchie aufbaut.

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