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Entmietet durch den Staat – Berlin opfert seine Mieter für die A100

Entmietet zu werden, gehört für die Berliner seit der neuen Wohnungsnot zum Reigen potenzieller Zukunftsängste. Wen es erwischt, der ist stocksauer, erbost, verzweifelt, will nicht mehr … oder jetzt erst recht. Tritt im Entmietungsprozedere statt des verhassten privaten Immobilienhais dann auch noch der Staat als Hauptakteur auf, dann vervielfacht sich die Wut der Entmieteten, Entrechteten, wie jetzt in Treptow.

Dort führt die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung stellvertretend für die Bundesrepublik Deutschland, die die Eigentümerin ist, ein Besitzeinweisungsverfahren für zwei für den Abriss bestimmte Wohnhäuser in der Beermannstraße 20 und 22 durch. Den noch verbliebenen Bewohnern soll dadurch das Mietrecht entzogen werden. Hintergrund ist der Ausbau der A100.

Ein Artikel des Blogs “Karla Pappel”, eine Initiative gegen Mietpreiserhöhungen und Verdrängung in Alt-Treptow, bringt die Wut der zu Verdrängenden nicht zuletzt mittels der Wortwahl zum Ausdruck. Eine Aufzählung:

“Baumafia”, “Bananenrepublik”, “Senatsschweinereien”, “Drecksarbeit”, “Diktatur”.

Staatssekretär Christian Gaebler, aus dessen Email-Korrespondenz der Artikel auch zitiert, wird als “kalter Machttechniker” bezeichnet und der heutige Regierende Bürgermeister Berlins, Michael Müller, kommt aus der Stadtentwicklungsbehörde “herausgekrochen”, so steht es im Text.

Wut also. Darüber, dass die gleichen Verantwortlichen an anderer Stelle in der Stadt neue Wohnungen bauen lassen, aber in der Beermannstraße die Wohnungen opfern. Darüber, dass sie, die Bewohner, selbst geopfert werden. Für die Enteignungsbehörde sind sie “Illegale”. Und so werden sie auch behandelt: Fenster und Türen von bereits leerstehenden Wohnungen werden verbarrikadiert, die benachbarte besetzte Kleingartenanlage wird geräumt und beschädigt, Bäume werden gefällt ohne Genehmigung, und ein Bagger reißt ohne Vorwarnung eine Hofmauer ein, inklusive eines später zur Anzeige gebrachten Angriffs auf einen Anwohner. – So beschreibt der Blogartikel die jüngsten Vorkommnisse auf den Grundstücken.

Zehn Mietparteien harren in den Häusern noch aus. Die Zwangsräumung sei laut Artikel für den 16. Februar geplant. Vorher wird es noch einen Besitzeinweisungsbeschluss geben oder auch nicht.

Eine Demo gegen die Zwangsräumung und den Abriss findet am 6. Februar um 14:00 Uhr beginnend an der Cuvrystraße in Kreuzberg statt.

Die fragwürdigste Wohnarchitektur in Berlin – ein Vorschlag für den Plattformpreis 2014

Plattform Nachwuchsarchitekten suchen für ihren diesjährigen Plattformpreis Vorschläge zu fragwürdiger Architektur in Berlin im Bereich Wohnen. Mein Vorschlag: das für Studenten gebaute Containerdorf am Plänterwald in der Eichbuschallee 51 in Treptow. Aus später einmal insgesamt 412 ausgedienten, übereinander gestapelten Schiffscontainern stellt Investor Jörg Duske mit dem Projekt „Franky & Johnny“ comfortablen, der deutschen Baunorm entsprechenden Wohnraum für Berliner Studenten her und baut damit auch ein Stück Stadt. Fragwürdig daran ist für mich:

  1. Ist das schon Städtebau oder einfach nur herzlos?
  2. Wie wegweisend wird das Bauen in Modulen bei Erfolg des Projekts für Berlin an anderen Orten in der Zukunft sein?
  3. Warum leisten sich die Studenten für die 14 Euro pro Quadratmeter, die sie für den Container zahlen, keine herkömmliche, frisch sanierte Berliner Dachgeschoss-Wohnung in den innerstädtischen Gründerzeitvierteln?

20 von insgesamt 412 Containern sind schon gebaut. Jeden Samstag finden Führungen statt, bei denen man die Wohnungen besichtigen kann.

Containerdorf in der Eichbuschallee 51: modular wie Plattenbau, aber hochflexibel, Juli 2014

Containerdorf in der Eichbuschallee 51: modular wie Plattenbau, aber hochflexibel, Juli 2014

 

Senator Müller unterschreibt Absicht zur Feldrandbebauung in Tempelhof

Die Pläne zur Randbebauung des Tempelhofer Feldes werden konkreter. Am Donnerstag hat Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) eine Absichtserklärung mit drei Bauherren unterschrieben, die eine Zusammenarbeit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mit der Degewo AG, der Stadt und Land GmbH und der Ideal eG bekräftigt und zum Ziel hat, am Tempelhofer Damm insgesamt 1.700 Wohnungen zu bauen. Neben diesem „Letter of Intent“, wie die in deutscher Sprache verfasste Erklärung offiziell heißt, teilt die Senatsverwaltung mit, dass der Senator jetzt auch die Aufstellungsbeschlüsse der Bebauungspläne (B-Pläne) für die insgesamt vier Quartiere unterschrieben hätte. Damit beginnen auf dem Tempelhofer Feld die B-Planverfahren, in deren Prozedere auch die Öffentlichkeit beteiligt werden muss. 2016 sollen sie abgeschlossen sein. Noch im September werden die B-Plan-Entwürfe am Tempelhofer Damm und am Südring in der „frühzeitigen“ Bürgerbeteiligung vorgestellt, so heißt der erste Schritt zur Öffentlichkeitsbeteiligung. Währenddessen hat am Wochenende die Unterschriftensammlung für das Volksbegehren 100 % Tempelhofer Feld begonnen, das eine Randbebauung verhindern soll.

 

Stadt der Mieter

347.863 Wohnungen = 347.863 SchlüsselBerliner Wohnungsunternehmen blicken in einer Ausstellung auf ihr Nachwendewerk zurück. Unter dem Titel „Berliner Einsichten – 20 Jahre Wohnen in der wiedervereinigten Hauptstadt“ präsentieren sie zusammen mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung 73 Projekte. In Berlin gibt es insgesamt knapp 1,9 Millionen Wohnungen, berichtet der Tagesspiegel. Davon gehören 347.863 den 26 Wohnungsbaugenossenschaften und sechs städtischen Wohnungsbaugesellschaften. 87 Prozent der Wohnungen sind Mietwohnungen. Und die Bewohnerschaft verändert sich. Bis 2020 wird der Anteil der Menschen, die 80 Jahre alt und älter sind, um 43 Prozent im Vergleich zu 2007 auf 195.000 ansteigen. Die Ausstellung findet in der Spandauer Straße 2 statt und endet am 31. Oktober.