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Wie ein „Bordeaux“: Stadtkern-Kurs an der VHS wirbt für Berlin-Geschichte, aber auch für die eigene Meinung

Mit der Berliner Altstadt sei es wie mit Bordeaux-Weinen, sagt Benedikt Goebel, der im Namen des Bürgerforums Berlin am Dienstag in die Volkshochschule zum Auftakt der Veranstaltungsreihe „Geschichte, Gegenwart und Zukunft des Berliner Stadtkerns“ einlud. 

„Es dauert ein Weile bis man zum Kenner wird, aber bis dahin hat man einfach eine schöne Zeit.“

Multifunktionsraum in der VHS-Mitte mit den pünktlichen Gästen. Es kamen mehr als zu sehen sind. (Foto: Christina Kautz)

Multifunktionsraum in der VHS-Mitte mit den pünktlichen Gästen. Es kamen mehr als zu sehen sind. (Foto: Christina Kautz)

Der multifunktionale Raum 1.12 in der Linienstraße 162 war gut besucht. Die VHS lieferte Stühle nach. Die Landschafts-architektin Christina Kautz und der Architekt Lutz Mauersberger hielten einen bilderreichen Vortrag über den Ursprung der Doppelstadt Berlin-Cölln und der historischen Stadtentwicklung an der Spree und dem Spreekanal. Und jene Bilder sind es eben, die einen zum Genießer werden lassen, bevor man sich versieht, weil sie Berliner Orte zeigen, die es nicht mehr gibt: Packhöfe, Oberbäume, Unterbäume, Schleusen, Pferdeschwemmen, Wasserkunst, Brückenschmuck, Fischkästen. Und Flussbäder.

Projekt Flussbad Berlin: renaturierter Spreekanal für ein sauberes Schwimmbecken direkt am Lustgarten (Bild: Flussbad Berlin e.V., realities:united)

Projekt Flussbad Berlin: renaturierter Spreekanal für ein sauberes Schwimmbecken direkt am Lustgarten (Bild: Flussbad Berlin e.V., realities:united)

Wobei die historischen Spree-Flussbäder hier eine ziemliche Steilvorlage boten für die Diskussion über das Zukunftsprojekt „Flussbad Berlin“, das auf 750 Meter Länge zwischen Bodemuseum und Schleusenbrücke gebaut werden soll und mit vier Millionen Euro aus dem Bundesprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus“ öffentlich gefördert wird (hier mehr zum Projekt).

Das wird beim Bürgerforum sehr kritisch gesehen. Und Gründe, dem Flussbad-Projekt skeptisch gegenüber zu stehen, gibt es einige, zum Beispiel die Standortwahl: Man brauche sowas nicht an einer prominenten Stelle wie der Museumsinsel, meint Christina Kautz. Lutz Mauersberger macht auf den Preis aufmerksam, mit dem das Schwimmbecken bezahlt wird: die Filteranlage und Moorlandschaft, die den restlichen Spreekanal bis zur Mündung ausfüllen sollen. Und Benedikt Goebel ergänzt, dass Projektbilder eben auch nicht riechen. Sprich: das Projekt beeinträchtige potenziell die Wohnqualität an den angrenzenden Ufern, zum Beispiel auf der Fischerinsel.

Für einen Volkshochschulkurs könnte das für manchen ein bisschen viel Meinung gewesen sein. Oder auch nicht. Kennerschaft bringt am Ende eben auch ein handfestes Urteilsvermögen mit sich. – Prost.


Zum „Flussbad Berlin“ wird es beim Architekten- und Ingenieurverein zu Berlin (AIV) am 23. Februar eine Veranstaltung geben.

Der nächste Kurstermin für angehende und schon gereifte Stadtkernkenner findet in der VHS Mitte am 17. Februar statt, dann unter dem Thema „Vergessene Schönheit der Berliner Altstadt“.

Kommen unkompliziert: keine Anmeldung nötig, kostenfrei, und Stühle gibt es auf jeden Fall genug.

Schlichte Architektur für Schinkelplatz

— Nachricht — Für das reizvolle Bauland zwischen Friedrichswerderscher Kirche und dem Fassadenwerk der Bauakademie am Schinkelplatz in Mitte gibt es neue Architekturideen. Die Entwürfe der zwei Berliner Büros Volker Staat Architekten und Bruno Fioretti Marquez sind seit Donnerstag noch bis 28. Juni im Roten Saal der Bauakademie zu sehen. Sie wurden von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in einem städtebaulichen Wettbewerb preisgekrönt und stoßen bei der Gesellschaft Historisches Berlin, beim Förderverein Bauakademie und bei der Bürgerinitiative „Schöne Mitte. Schöne Stadt“ wegen undekorativer Fassadengestaltung, zum Bespiel fehlender Gesimsbänder, auf Kritik, berichtet die Berliner Zeitung. Kritiker forderten jetzt einen Alternativentwurf. Am Schinkelplatz will ein Münchner Investor Wohnungen und Büros auf 7.000 Quadratmetern  bauen. (Berliner Zeitung)

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