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Maja Patas: Fotomontage von Andreas Geisel

Ergreift Geisel die Stadtkrone?

Maja Patas: Fotomontage von Andreas Geisel

Ein Berliner Kopf: Senator Andreas Geisel auf einer Fotoabstraktion der Künstlerin Maja Patas (© Maja Patas, mit freundlicher Genehmigung)

Unglücklicher könnte die Kombination nicht sein. Die Berliner Zeitung gab am Dienstag eine Beilage “Wirtschaft Berlin – Wohnungswirtschaft und Wohnungsbau” heraus, in der sie auf Seite 9 in einem Artikel die 24 Hauptstandorte für den Wohungsbau beleuchtet: Mauerpark, Elisabeth-Aue, Wasserstadt Spandau … Nur bebilderte die Redaktion den Beitrag mit einem Modellfoto vom gerade überarbeiteten Masterplan des Alexanderplatzes, mit einem Hochhausstädtebau, der mit seinen bis zu 150 Meter hohen Towers bei bestimmten Wetterlagen wortwörtlich “an den Wolken kratzt”. Die Hauptstadt wachse und benötige dringend bezahlbaren Wohnraum, so der Untertitel, der irreführender kaum sein kann, wenn da weiter steht: “Kommunale Gesellschaften gehören längst wieder zu den Bauherren.” – Das stimmt ja im Allgemeinen, aber nicht doch für die Türme vom Alex, die alle im Privateigentum gebaut werden. Sozialer Wohnraum entsteht hier nicht, sagte auch Senatsbaudirektorin Regula Lüscher bei der Vorstellung des neuen Kollhoff-Plans vor zwei Wochen: “150 Meter ist schon erheblich und bedeutet eine wirtschaftliche Anstrengung”. Eine Anstrengung, die belohnt werden will. Im Hines-Tower von Frank O. Gehry sollen 250 Eigentumswohnungen entstehen. Also, hier kann man wirklich auf falsche Gedanken kommen.

Auch auf den, dass Senator Geisel die Türme baut. Gleich im ersten Absatz wird seiner Manpower gehuldigt. Der Bausenator “schrecke” nicht davor zurück, “Baugrund zu Gebieten von ‘außergewöhnlicher stadtpolitischer Bedeutung’ zu erklären, um Planungs- und Beteiligungsverfahren an sich zu reißen (…)” – Reißen, nicht Ziehen. Die Wortwahl zeigt doch, dass ich mit meinem Eindruck, der Bausenator wäre eine “Erscheinung” (siehe Newsletter „Skyscraper“ #50/15) gar nicht so falsch liege und damit nicht alleine bin oder? Auch hier hat Autor Michael Hielscher ja vollkommen recht, wenn er die Beispiele aufzählt, bei denen der dynamische, durchsetzungsstarke Bausenator den Bezirken die Planungshoheit entzogen hat: Mauerpark, Elisabeth-Aue, Buckower Felder, SEZ. Den Checkpoint Charlie kann man seit kurzem auch noch hinzufügen. Aber ist er denn imstande, um zum Fehlfoto zurückzukommen, auch die “Stadtkrone” an sich zu reißen? Die Türme vom Alex in der Hand Geisels … Das ist die Assoziation, die sich dem Leser hier aufdrängt. Und ich gebe zu, ich finde sie sehr unterhaltsam.


Hier die Beilage „Wirtschaft Berlin“ der Berliner Zeitung

Dass die Skyline vom Alex grundsätzlich ausbaufähig ist, lest Ihr hier auf dem Blog in diesem Artikel

Ausstellung: Maja Patas „Berlin und seine Köpfe“, bis 9. Januar 2016 im Foyer der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, Am Köllnischen Park 3, 10179 Berlin. Die Künstlerin hat für den Artikel freundlicherweise ihr Werk vom Senator zur Verfügung gestellt. Danke.

“Rettung” für Alex in Sicht: Hans Kollhoff entwirft für den Wettbewerb zum Hines-Tower

Das Bonbon hob er sich für den Schluss auf: Architekt Hans Kollhoff beteilige sich nach Informationen der Berliner Zeitung am geplanten Architekturwettbewerb zum Hines-Tower am Alexanderplatz, teilte Moderator Nikolaus Bernau nach zwei Stunden und fünfzehn Minuten dem Publikum mit. Damit hatte er eine dreiviertel Stunde überzogen, wie er selber eingestand. Für einen Besucher des gestrigen Leserforums der Berliner Zeitung mit dem Titel “Ist der Alexanderplatz noch zu retten?” konnte der Abend also sehr lang werden, denn schon ab 17 Uhr 30 hatte das Verlagshaus an der Karl-Liebknecht-Straße zum Einlass geladen, obwohl die Veranstaltung erst anderhalb Stunden später begann. Viele verließen den Saal daher auch vorzeitig, was Bernau vielleicht hätte verhindern können, wenn er das Bonbon zu Beginn angekündigt hätte, natürlich noch verpackt, versteht sich. Am Ende passieren eben oft die spannendsten Sachen.

Da rutschte es Christoph Reschke, dem Deutschland-Manager von Hines, in Bezug auf das Alexa heraus, ein hübsches Einkaufszentrum habe er sowieso noch nirgends gesehen. Einen Augenblick später fällt ihm ein, dass neben ihm auf dem Podium Architekt Jan Kleihues sitzt, dessen Vater am Alexanderplatz das Galeria Kaufhof gebaut hat. Aber der Lacher war auf seiner Seite, es hatte etwas Amüsantes. Und es war spät.

Jan Kleihues selber ging es bei der Diskussion zu sehr um Hochhäuser. Er lenkte das Gespräch auf den eigentlichen Platz, den er “grauenhaft” finde, so grauenhaft, dass er nicht einmal den regelmäßig stattfindenden “Budenzauber” der Marktstände wahrnehme oder die den Alexanderplatz schwärzenden Kaugummiflecken. Dass die Leute auf den Platz spuckten, sage auch etwas über den Ort aus. Und dass Hines als erster Investor am Alexanderplatz ein Hochhaus baue, ohne zu wissen, was jetzt überhaupt mit dem Kollhoff-Plan weiter werde, findet Kleihues mutig.

Auch Architekturkritiker Thomas Flierl fand etwas mutig, und zwar dass Senatsbaudirektorin Regula Lüscher mit ihrem Vorschlag, den Kollhoff-Plan anzupassen, “einen Stein ins Wasser geworfen hat.” Zwei der zehn geplanten Tower sollten aus seiner Sicht nicht gebaut werden: der Alexa-Turm und der Turm, der aus dem Galeria-Kaufhof-Sockel herauswachsen soll. Besonders der Alexa-Turm würde vom Straußberger Platz aus die Sicht auf den Fernsehturm blockieren, und er wies darauf hin, dass dieser Blockade-Effekt durch die geringere Höhe des Park Inn Hotels aus Richtung der Prenzlauer Allee dagegen nicht eintrete.

Lüscher wies offen darauf hin, dass in fernerer Zukunft der Fall eintreten könne, auch das Park Inn Hotel abzureißen; aber nur aus pragmatischen Gründen, wenn sich bestimmte Bedingungen bis dahin geändert hätten. Sie will wie Flierl eine bestandsorientierte Modifikation des Kollhoff-Plans und sagt Ja zum Hines-Hochhaus, aber Nein zu einem neuen städtebaulichen Wettbewerb, nach dem Bernau sie fragte. Das Pragmatischste scheint ihr im Moment der Sockelbau zu Füßen des Park Inn Hotels zu sein, der den Platz zur Alexanderstraße hin schließen würde. Dann wäre der Alexanderplatz endlich eingefasst. Aber wäre er dann schon “gerettet”? Zum Glück macht Hans Kollhoff beim Hines-Tower mit.

siehe auch Artikel „Der Saturn-Tower ist der überzeugendere Verbau am Alex“