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Evers Garten

Die Berliner Christdemokraten werden immer sympathischer. Zumindest einer, weil er sogar die Bildung von neuem Volkseigentum unterstützt. So äußerte Stefan Evers, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus Berlin, Anfang Juni beim Gartengespräch des Flussbads sein Belieben, den Garten des ehemaligen DDR-Staatsratsgebäudes in Mitte, also den heutigen Garten der European School for Management and Technology (ESMT) in eine öffentliche Grünanlage umzuwandeln.

Eine Öffnung des Privatgartens hat ja schon stattgefunden. Wenn der Flussbad-Garten (also Garten Nr. 2) geöffnet hat, macht auch die ESMT eine Pforte im Zaun Richtung Spreekanal auf. So gelangt man, wenn man mit offenen Augen durch die Welt geht, von dem einen Garten (Nr. 2) in den andern (Nr. 1). Natürlich muss ich an dieser Stelle den Garten der ESMT als Garten Nr. 1 bezeichnen. Denn ohne die ESMT, die einen Teil ihres Gartens dem Flussbad-Projekt überlässt, gäbe es den Garten des Flussbads nicht.

Eine Gartenpforte auch nach Süden bitte!

Der Zaun verläuft an der Westseite des ESMT-Grundstücks, ein paar Meter zurückversetzt, sodass sich der Flussbad-Garten vor ein paar Jahren dort einrichten konnte. Die Pforte ist hier, die Gartenpforte. An der Ecke zur Sperlingsgassse biegt der Zaun Richtung Breite Straße nach Osten ab, ohne nochmals eine Gelegenheit zum Eintreten zu geben. Büsche sind ums Eisen gewachsen und schotten Garten Nr. 1 nach Süden zur Scharrenstraße ab. Mein Gott, das wird einmal die Einflugschneise ins Gotteshaus sein, ins House of One! Unterwegs dorthin, käme man am Nicolaihaus vorbei und an der Landesvertretung Sachsens, deren Staatsflagge vom ESMT-Garten aus sichtbar ist. Nur durch müsste man können, durch den wild umwachsenen, schönen und kostbaren Naturzaun, von mir aus auch drüber.

Da sieht man, wie genial die Idee von Stefan Evers ist. Der Garten der ESMT ist ein Puzzle-Teil mit drei Gelenken. Eins verbindet das Kanalufer westlich. Ein zweites verbindet den Garten mit den neuen Highlights von Alt-Cölln (House of One und Archäologisches Zentrum am Petriplatz). Ein drittes Gelenk knüpft östlich (eigentlich sind es zwei dritte Gelenke) an die Breite Straße an und damit an die Stadtbibliothek und (etwas nördlicher) an das Humboldtforum. Die Unterführung durch das Nebengebäude der ESMT entlang der Breiten Straße verlöre ihren Betriebshof-Charakter, würde hier das Tor aufgerissen. Dear Mr. Evers, open this gate!

Aber wie will er das eigentlich machen? Und was ist aus der Sache mit dem Studentenwohnheim geworden, das dort vor Jahren im Garten gebaut werden sollte?

Noch ein Privatgarten: das Magnus-Haus

Die Konstellation erinnert mich ein bisschen an das Magnus-Haus (mit Garten), weiter unten am Kupfergraben, gegenüber dem Pergamonmuseum. Garten Nr. 3 wäre der Standort der Siemens-Repräsentanz geworden, eines Neubaus, wenn nicht ein Wunder geschehen wäre. Das Wunder geschah, und das letzte barocke Stadtpalais in Mitte bleibt unbebaut und darf weiter für Siemens grünen. Alles privat, auch hier. Das Schönste Berlins scheint immer Privatsache zu sein.

Könnten wir nicht auch den Magnus-Haus-Garten öffnen? So zwischen Collegium Hungaricum und Maxim-Gorki-Theater, dazu die Humboldt-Uni, würde es sich doch wohl prima lesen, lernen und liegen lassen. Noch so ein Puzzle-Stück dieser Garten Nr. 3.

Und wenn dann letztlich noch das Flussbad selber kommt, dann ist die Verbindung der Gärten vollkommen. Beten gehen, Bücher ausleihen, durch Garten Nr. 1 ziehen, in den Garten Nr. 2 hinein, dort einen Kaffee trinken, dann ins Kanalwasser steigen, zum Magnus-Haus schwimmen, aus dem Kanal klettern, in Garten Nr. 3 ausruhen, Siemens für die noch zu tätigende Geste danken, ins Gorki-Theater gehen. Die Stadt braucht mehr Gartengespräche (das nächste findet statt am 7. Juli 2022, siehe https://www.flussbad-berlin.de/)

Steinwüste Schlossplatz: Kein Grashalm, nirgends

Schlossplatz, März 2015: Passanten passieren die zukünftige Schlosspassage ohne sie wahrzunehmen. Muss ja auch noch nicht sein. (Foto: André Franke)

Schlossplatz, März 2015: Passanten passieren die zukünftige Schlosspassage ohne sie wahrzunehmen. Muss ja auch noch nicht sein. (Foto: André Franke)

Noch gehen sie vorbei, überqueren die Breite Straße und würdigen Schlossplatz und Schlossportal mit keinerlei Blicken. Was, wenn der verschleppte Schlossbrunnen dort wieder stünde, der Neptunbrunnen? Die Diskussion um seine Rückkehr ist ein zentraler Aspekt bei der Freiraumgestaltung rund ums Schloss. Ein weiterer ist die irrwitzige Verkehrsführung: Weder Radfahrer fahren die rechtwinklige Kurve auf vorgeschriebener Bahn, noch die Busse und Pkw (weil sie gar nicht können). Überhaupt fehlt und wird fehlen: Grün. Der Entwurf von bbz Landschaftsarchitekten, die 2013 den Wettbewerb für das Schlossumfeld gewannen, gönnt dem Schlossplatz vor den Portalen I und II keinen einzigen Baum. Ja, nicht einmal einen Grashalm. Am Mittwoch Abend (nicht Dienstag!) geht es beim 11. Forum der Schlossstiftung um das Thema „Städtebau, Platzgestaltung und Erschließung. Podiumsgäste: Senatsbaudirektorin Regula Lüscher, Publizistin Leah Rosh und BVG-Projektleiter der U5 Jörg Seegers (ab 18.30 Uhr in der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin, Schloßplatz 7, 10178 Berlin).