Die Oberwallstraße ist ein starker Zug!

Dass die Staatsoper eröffnet, bedeutet nicht nur das Ende eines Bauskandals. Mehr als das Haus selbst kriegen wir einen Platz zurück und eine völlig unterschätzte Straße. Was freue ich mich auf den Bebelplatz! Den ganzen. Er hat wieder Micha Ullmanns Mittelpunkt, die Kellerbibliothek. Er atmet wieder auf zwei Lungenflügeln, anstatt auf nur einem. Die Leute werden wieder Kreise um das Denkmal ziehen, anstatt Halbkreise am Bauzaun. Jeder wird wissen, wo er hier hin muss. Und die Hedwigskirche strahlt bis Unter den Linden.

Comeback eines Straßenzugs

Die Baustellen gehen, Berlin kommt! Das gilt auch für die andere Seite der Staatsoper. Hinter dem Opernpalais rappelt sich die Oberwallstraße wieder auf. Hoffentlich nicht nur, um im Dezember zum Weihnachtsmarkt zu mutieren. Nachdem die „Kronprinzengärten“ jetzt fertig sind, kann man hier zu Fuß schon wieder langgehen. Mehr schleichen eigentlich, an den Containern vorbei und an den Baufahrzeugen. Es kann nicht mehr lange dauern, und die ganze Straße wird frei. Befahrbar. Seit ich den Stadtkern-Ride mache, warte ich auf das Comeback dieses Straßenzugs.

Oberwallstraße nach Süden. Blickpunkt Hausvogteiplatz-Fassade. Links: Friedrichswerdersche Kirche und achteckiger Schinkel-Pavillon (Foto: André Franke)

Oberwallstraße nach Süden. Blickpunkt Hausvogteiplatz-Fassade. Links: Friedrichswerdersche Kirche und achteckiger Schinkel-Pavillon (Foto: André Franke)

Warum denn? 

Weil er so schön vom Hausvogteiplatz durch die Brückenbogen des Opernpalais Über die Linden zur Ecke „Hinterm Gießhaus“ führt. Die Oberwallstraße ist wörtlich: ein guter Zug. Das Beste an ihm: Er ist absehbar (wieder wörtlich zu nehmen): Man blickt von einem Ende zum andern …

Die visuelle Qualität der Oberwallstraße ist aber nicht ihre einzige. Sie hat auch historische (Nicht gleich gähnen!), dramaturgische und überlokale Fähigkeiten. Was die so alles kann …

  1. Sie erzählt an drei Stellen (Hausvogteiplatz, Hedwigskirche, „Hinterm Gießhaus“) die Geschichte der Festungsstadt.
  2. Sie inszeniert Unter den Linden dadurch, dass sie beim Durchqueren des nördlichen Brückenbogens das Panorama des Boulevards aufmacht: Humboldt-Universität, Neue Wache, Zeughaus, Berliner Dom, Fernsehturm, Schloss.
  3. Sie verbindet als Segment eines potenziellen Stadtkern-Rundwegs das Märkische Museum mit der Museumsinsel.
Oberwallstraße, Blick durch Brückenbogen zum Palais am Festungsgraben. Zuviel Blech im Stadtraum, inklusive Parkscheinautomat (Foto: André Franke)

Oberwallstraße, Blick durch Brückenbogen zum Palais am Festungsgraben. Zuviel Blech im Stadtraum, inklusive Parkscheinautomat (Foto: André Franke)

Eine Offenbarung erfährt, wer hier weitergeht. Aus der Enge heraus entfaltet sich das Panorama von Unter den Linden: 180 Grad Berlin (Foto: André Franke)

Eine Offenbarung erfährt, wer hier weitergeht. Aus der Enge heraus entfaltet sich das Panorama von Unter den Linden: 180 Grad Berlin (Foto: André Franke)

Hier wird die Oberwallstraße zu „Hinterm Gießhaus“. In der Ecke, am Baum, biegt der Straßenzug nach rechts ab zur Mueumsinsel. (Foto: André Franke)

Hier wird die Oberwallstraße zu „Hinterm Gießhaus“. In der Ecke, am Baum, biegt der Straßenzug nach rechts ab zur Mueumsinsel. (Foto: André Franke)

Die Oberwallstraße sollte deshalb mehr werden als Glühwein-Quelle und Hinterhof der Kronprinzengärten. Sie sollte eine echte Aufgabe bekommen:

Das Aufmerksamkeitsgefälle

zwischen nördlichem und südlichem Stadtkern

verringern helfen,

indem sie die Besucherströme verteilt, ein alternatives Angebot zur Touristenbahn „Gendarmenmarkt – Bebelplatz – Lustgarten“ macht und mehr Durchwegungsattraktivität entwickelt.

Natürlich nicht für Autos.

2 Kommentare
  1. Sascha Wendling sagte:

    Und wenn es auch nicht Teil der städtebaulichen Diskussion ist: Mir wird das Opernpalais als Stätte des Verweilens in diesem wunderbaren Areal fehlen. Stadt kann und darf nicht nur Stein sein…

    Antworten

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