Nikolaus Bernau im Podcast: „Berlin ist eine eigene Kategorie innerhalb der ethnologischen Museen“

Ankündigung des Ethnologischen Museums in Humboldt-Box (Foto: André Franke)

Ankündigung des Ethnologischen Museums in Humboldt-Box (Foto: André Franke)

Opernhäuser, Theaterbauten, Bibliotheksgebäude – Man solle nicht Äpfel mit Birnen vergleichen, sagt Nikolaus Bernau. Der Architekturkritiker der Berliner Zeitung äußert sich zu Denkmalpflege und Kulturbauten in einem Gespräch der Reihe „Die Wahrheit beginnt zu zweit“ auf dem Blog „Verbietet das Bauen“. Ein sehr schöner AUDIO-BEITRAG, bei dem diverse Kulturbauprojekte in Deutschland angesprochen werden: die Elbphilharmonie in Hamburg, das Rostocker Stadttheater, die Münchner Philharmonie (um die geht es eigentlich). Bernau bringt mit Staatsoper, ZLB, AGB, den Dahlemer Museen, Kulturforum und Museumsinsel aber auch zahlreiche Beispiele aus Berlin.

Zum Ethnologischen Museum sagt er:

„Berlin ist eine eigene Kategorie innerhalb der ethnologischen Museen!“

Zur Zentral- und Landesbibliothek erinnert er:

„Der Neubau für die ZLB wurde 1901 versprochen!“

Und zur Staatsoper:

„Der Umbau der Staatsoper in Berlin ist von vornherein der schiere Wahnsinn gewesen!“

Am Ende entschuldigt er sich übrigens, dass er so viel geredet hat. – Da kann man nur dagegenhalten: Danke, Herr Bernau!

Hier der Link zum Beitrag auf dem Blog

Was suchen Schlepper am Checkpoint Charlie?

Laster? - Nachts bitte! Dann gibt´s hier genug Platz. Checkpoint Charlie, 2014 (Foto: André Franke)

Laster? – Nachts bitte! Dann gibt´s hier genug Platz. Checkpoint Charlie, 2014 (Foto: André Franke)

Nach einem Verkehrsunfall nahe dem Checkpoint Charlie, bei dem am Mittwoch ein 40-Tonner beim Rechtsabbiegen eine Radfahrerin erfasste, fordern Unfallforscher und die Politik nichts anderes als den „elektronischen Abbiege-Assistenten“? Wer das Foto im Tagesspiegel sieht, wie der lange Schlepper sich über die gesamte Kreuzung dreht, begreift doch sofort, dass das Problem nicht der Richtungswechsel des Lkw war. Was hat so ein Gefährt überhaupt in der einspurigen Friedrichstraße zu suchen? Erst recht am Touristenort Checkpoint Charlie? Nachts ist zwar tote Hose hier. Tagsüber stören aber selbst Reisebusse. Auch die sollten den Checkpoint Charlie nicht mehr kreuzen dürfen! Ich kann mir vorstellen, der lange Laster kam oder wollte zu einer innerstädtischen Baustelle. Schloss, U5, Museumsinsel, Schinkelplatz … Gibt es eigentlich ein Konzept der Verkehrslenkung für die Berliner Baustellenerschließung?

Heute abend startet die Radprotestbewegung „Critical Mass Berlin“ vom Mariannenplatz um 20 Uhr (Ziel: Checkpoint Charlie)

Die Saison ist eröffnet, die Zukunft läuft … fährt auf Rädern

Nordfassade Schloss: Noch Werbeplane statt Sandsteinfiguren. Aber bald kommen sie - aus der Spandauer Schlossbauhütte.

Nordfassade Schloss: Noch Werbeplane statt Sandsteinfiguren. Aber bald kommen sie – aus der Spandauer Schlossbauhütte.

Heute beginnt die offizielle Saison bei Berlin on Bike und damit auch die wöchentliche Radtour „Zukunft Berlin“, bei der wir aus aktuellem Anlass am Mauerpark die Rede von Amadeus Hollitzer verlesen, die er am Donnerstag in der BVV gehalten hat, um zu verhindern, dass der Senat die Planung an sich zieht. Zu spät, wie sich herausstellte. Aber auch die BND-Zentrale zeigt Neuigkeiten: Drinnen wurden die Wasserhähne geklaut, draußen gibt´s jetzt eine Fußgängertreppe vom Pankepark zu den Townhouses. Außerdem im Programm:

  • Straßenbau in der Europacity
  • pulverisierte Plattenbauten direkt an der Spree
  • Neues von den Barockfassaden
  • Partizipationsgebaren am Rathausforum

Wirt starten um 11 Uhr in der Kulturbrauerei.

Neue Ausgabe „Stadtaspekte“ kommt heute raus – mit 2x Berlin

Titelseite Magazin "Stadtaspekte", neue Ausgabe "Neue Räume", ab 20.3.2015

Titelseite Magazin „Stadtaspekte“, neue Ausgabe „Neue Räume“, ab 20.3.2015

Heute kommt die neue Ausgabe des Magazins „Stadtaspekte“ heraus. Thema: „Neue Räume“ mit zwei Berlin-relevanten Artikeln: „Generation Townouse – Aufwachsen im Berliner Neubauviertel“ und „Das große Misstrauen – Bürgerbegehren kippen Bauprojekte“. Dass Letzteres auch umgekehrt geschehen kann, dass nämlich Bauprojekte (von kooperativer Baupolitik unterstützt) auch Bürgerbegehren kippen können oder unterlaufen, zeigt aktuell das Projekt Mauerpark (Landet der B-Plan beim Senat, ist mit dem Bürgerbegehren Schluss). Die Release-Party zur Ausgabe findet am Sonnabend ab 20 Uhr im Prachtwerk in Neukölln (Ganghoferstr. 2) zusammen mit der Bundesstiftung Baukultur statt, die die Ausgabe unterstützt hat.

Überschüttet mit Geschenken: Mauerpark-Drama beglückt Baustadtrat

Mauerpark, auf dem "Dach" des Gleimtunnels. "Hinterm" Horizont (im Sinne von "betret- und erlebbar": das Brunnenviertel (Foto: André Franke)

Mauerpark, auf dem „Dach“ des Gleimtunnels. „Hinterm“ Horizont (im Sinne von „betret- und erlebbar“: das Brunnenviertel (Foto: André Franke)

„Nehmen Sie 39.000 Einwände ernst und liefern Sie die Demokratie nicht den Geschäftsinteressen der Groth-Gruppe aus“, appelliert die Mauerpark-Allianz in einem Beitrag der Abendschau an Mittes Baustadtrat Carsten Spallek, der geduldig zuhört, als die Bürgerinitiativen die gesammelten Stellungnahmen gegen das laufende Bebauungsplanverfahren 1-64a VE geradezu paketweise im Rathaus Wedding am Montag übergab. Geduldig, weil er mit dem Mauerpark bald nichts mehr zu tun haben wird, wenn der Senat weiterplant. Der Beitrag ist noch bis Sonntag, 22.3. im Internet abrufbar (Hier der Link zum Beitrag).

„VE“ heißt übrigens „Vorhaben- und Erschließungsplan“, was ein besonderer Typ von Bebauungsplan ist

Forum unterm Goldstern

Im Monbijoupark: Altes Haupttelegrafenamt, in das ein Hotel einziehen soll. Rechts: Oranienburger Straße mit Neuer Synagoge. (Foto: André Franke)

Im Monbijoupark: Altes Haupttelegrafenamt, in das ein Hotel einziehen soll. Rechts: Oranienburger Straße mit Neuer Synagoge. (Foto: André Franke)

Das Besondere beim Projekt „Forum Museumsinsel“ wird für mich der vergoldete Davidstern sein, der krönend von der Neuen Synagoge aus seinen Glanz in den riesigen Hof wirft, wo zwischen altem Fernmeldeamt, altem Haupttelegrafenamt, alter Freimaurerloge und Ziegelstraße in Form einer geplanten Markthalle und wechselnden Events, zum Beispiel Weihnachtsmarkt oder Public Viewing, bald neues Mitte-Leben einziehen soll. Was genau der Investor Ernst Freiberger mit den insgesamt sieben denkmalgeschützten Gebäuden des lange Zeit brachgelegenen Areals zwischen Oranienburger Straße und Spree vorhat, darüber informiert heute Abend Horst Peter Serwene in einem Vortrag im Berlin-Saal der Berliner Stadtbibliothek, Breite Straße 30-36 in Mitte.

Stadtkern-Schmankerl: Luther-Denkmal und Neptunbrunnen – Nur nach Hause woll´n wa nich?

Rückseite Neptunbrunnen vor Rotem Rathaus und Rathauspassagen, 2013 (Foto: André Franke)

Rückseite Neptunbrunnen vor Rotem Rathaus und Rathauspassagen, 2013 (Foto: André Franke)

Beide Denkmäler sind besonders. Das Luther-Denkmal und der Neptunbrunnen stammen aus der Kaiserzeit und sind nach dem Zweiten Weltkrieg umgesetzt worden: Luther an die Nordseite der Marienkirche, Neptun vor das Rote Rathaus. Dass Luther den Standort wieder wechseln wird, nämlich auf die andere Seite der Marienkirche, wo früher der Neue Markt war, ist, glaube ich, schon beschlossene Sache. Beim Neptunbrunnen ist noch unklar, ob er auf den Schlossplatz zurückkehren wird. Das ist eine umstrittene Sache. In der Volkschule Mitte hält u.a. Manfred Rettig von der Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum heute Abend einen Vortrag dazu. Ab 18:30 Uhr in der Linienstraße 161. Freier Eintritt.

Mauerpark: Vom Zaune zur Wies´?

Welche Geschichte erzählt der Mauerpark? Vom Publikum hängt´s wohl ab, ob es um das Ringen um den Park geht oder das Niederringen der befestigten DDR-Staatsgrenze vor 25 Jahren (Foto: Kai Lübeck)

Welche Geschichte erzählt der Mauerpark? Vom Publikum hängt´s wohl ab, ob es um das Ringen um den Park geht oder das Niederringen der befestigten DDR-Staatsgrenze vor 25 Jahren (Foto: Kai Lübeck)

Diesen Schülern der Internationalen Schule aus Neubeuern in Bayern konnte ich am Sonnabend nichts vom aktuellen Mauerpark-Drama erzählen. Sie brauchten die größere Geschichte: wie aus der Betonwand ein Zaun wurde. Das graue Zäunchen kriegen wir schon noch weg. Das ist doch das kleinere Drama. Und es war ja auch eine Mauer- und keine Zukunft-Tour. Heute jedenfalls gaben die Initiativen ihre gesammelten Stellungnahmen gegen die Mauerparkpläne ab – am letzten Tag der öffentlichen Auslegung. Die Initiativen hoffen, dass der Senat, der den Bebauungsplan an sich ziehen will, möglichst lange mit den Einwänden beschäftigt bleibt und damit das Planverfahren verzögert wird. Deshalb zählte in den letzten vier Wochen der Auslegung jede Stimme. Die Anzahl der aktuellen Stellungnahmen übertrifft die Menge derer, die zur vorangegangenen frühzeitigen Bürgerbeteiligung gesammelt wurden, offenbar um das 15-fache. Das war heute jedenfalls auf Facebook zu lesen. Ende 2015 soll der B-Plan festgesetzt, also beschlossen werden, womit der Investor, die Groth Gruppe, Baurecht für ein Wohngebiet nördlich der Gleimstraße bekäme. Das allerdings wäre im Moment die Voraussetzung dafür, dass der Park im zentralen Bereich Richtung Brunnenviertel erweitert würde und auch der Zaun fällt.

Das Kreuz mit der Urbanität

Alle wollen sie, aber jeder versteht unter ihr etwas anderes. Auch im Salon von Lea Rosh letzten Montag bemühten die Gäste den Begriff von der Urbanität, als es erneut ums Rathausforum ging.

„Wir glauben, dass man Urbanität nur durch die Rekonstruktion des historischen Stadtgrundrisses herstellen kann“, sagte Gerhard Hoya von der Gesellschaft Historisches Berlin.

Doch Wolf-Dieter Heilmeyer von der Stiftung Zukunft Berlin verwies darauf, dass Urbanität auch soziologisch interpretiert werden kann. Leider wurde die Frage nicht weiter vertieft. Das Thema verdient sogar eine eigene Veranstaltung, finde ich: Was meint wer mit Urbanität?

Ein Buch, die Dissertation von Thomas Wüst, „Urbanität: ein Mythos und sein Potenzial“, auf das ich gestoßen bin, gibt schon mal einige Antworten, wenn auch nicht direkt zum Berliner Rathausforum.

Auch auf einen studentischen Projektbericht zum Thema Nutzungsmischung im Städtebau der TU Berlin bin ich in meinem Archiv gestoßen, bei dem wir im Jahre 1999 die Urbanitätsdebatte zusammenfassten. Hier ein Auszug:

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Eine der Zielsetzungen, die oft im Zusammenhang mit Nutzungsmischung diskutiert wird, ist die Erhaltung bzw. die Schaffung von Urbanität. Eine intakte funktionsgemischte Stadtstruktur wird häufig als Voraussetzung für Urbanität angesehen. Dieser Meinung ist z.B. Hunkenschroer, die als eine Vertreterin dieses Leitbildes der Stadtentwicklung bezeichnet werden kann.

”Die Mischung von Wohnen und Arbeiten kann in vielfältiger Weise auch in unserer Gesellschaft dazu beitragen, der Verödung von Stadtquartieren etwas entgegenzusetzen. Durch die Überlagerung mannigfacher Funktionen in dichten Strukturen entsteht Öffentlichkeit, da sich unterschiedliche Personen zu mehreren Tageszeiten im öffentlichen Raum (meist auf der Straße) aufhalten.” (Hunkenschroer, 1995: S.20)

Dabei ist für Hunkenschroer Dichte ein zentrales Merkmal von Urbanität. So sei eine Mindestdichte an Bewohnern in einem Quartier nicht nur die Voraussetzung für die Rentierlichkeit sozialer und technischer Infrastruktur sowie für Kommunikationsprozesse und Informationsflüsse.

Café Bauer Unter den linden in Berlin Ende des 19. Jahrhunderts:  (Foto: wikipedia, gemeinfrei, Autor unbekannt, Library of Congress United States)

Café Bauer Unter den linden in Berlin Ende des 19. Jahrhunderts: „Lebendigkeit im öffentlichen Raum“. (Foto: wikipedia, gemeinfrei, Autor unbekannt, Library of Congress United States)

Den Dichtebegriff bezieht Hunkenschroer darüberhinaus auch auf das Maß an städtebaulicher Konzentration (vgl. ebd.).

”Die bauliche Dichte ist auch die Voraussetzung für die Lebendigkeit im öffentlichen Raum.” (ebd.: 101)

Der urbane Charakter eines Gebietes werde jedoch endgültig erst durch eine hohe Interaktionsdichte zwischen den Bewohnern erreicht. Das bedeutet, daß unterschiedliche Nutzungstypen, wie z.B. Wohnen und Versorgung, auf einen kleinen Raum konzentriert werden müssen, und auf diese Weise eine fußläufige Erreichbarkeit ermöglicht wird. Die Folge dieser schnellen Erreichbarkeit ist, daß die Nutzung der im Gebiet ansässigen Versorgungs- und Dienstleistungseinrichtungen intensiviert wird, und somit der urbane Charakter des Gebiets zunimmt.

Hoffmann-Axthelm beschäftigt sich insbesondere mit der inszenierten Urbanität, die er als von der eigentlichen Stadt gelöst sieht. Demnach sind urbane Lebensverhältnisse nicht mehr an die Stadt gebunden. (vgl. Hoffmann-Axthelm, 1996). Vor dem Hintergrund der Suburbanisierung ist Urbanität für ihn der Stadtrest, …

”den diejenigen mitnehmen wollen, die sich aus dem Sozialvertrag Stadt (…) herausstehlen ins grüne (…) Umland” (Hoffmann-Axthelm 1996:55).

In diesem Zusammenhang unterscheidet er drei Typen von künstlicher Urbanität:

Der erste sei die gewöhnliche Innenstadt mit Einkaufszentren, die im geschützten Innenraum Stadt simulieren. Urbanität bedeutet hier Einkaufs- und Freizeitumgebung, verknüpft mit Kino, Restaurants, Cafés und Warenhaus. Die Mischung beschränkt sich hierbei auf das oben genannte Angebot an Konsumeinrichtungen, klammert jedoch eine Vielzahl an Funktionen, wie z.B. Handwerk, produzierendes Gewerbe und bestimmte Dienstleistungen, aus.

Im Vergleich zu diesem Urbanitätstyp ist der Zweite nur noch auf tourismusorientierte Funktionen beschränkt. Hoffmann-Axthelm beschreibt, daß sich das städtische Geschehen in den historischen Zentren fast ausschließlich auf die Erdgeschoßbereiche konzentriert.

Altstadt Trier: gefüllte Straßen. Echte römische Historie. Geht sowas in Berlin? (Foto: André Franke)

Altstadt Trier: gefüllte Straßen. Echte römische Historie. Geht sowas in Berlin? (Foto: André Franke)

Die dritte Art von inszenierter Urbanität ist fast vollständig von der Nutzungsmischung losgelöst. Das heißt Lebendigkeit wird durch eine Festivalisierung der Städte erzeugt, wobei sie ausschließlich wegen bestimmter Ereignisse oder Attraktionen besucht werden. Eine wichtige Rolle spielt hierbei der Neubau von Unterhaltungskomplexen, wie z.B. am Potsdamer Platz in Berlin. (vgl. ebd.). Hier gruppieren sich die Investitionen um einen ”unterhaltungsindustriellen Kern”.

”Bei Debis (…) ging es schon sehr früh um ein Musicaltheater. Der Medienkonzern Sony baut im Innern seines Komplexes eine riesige multimediale Bühne, einen Raum, der zugleich Bildschirm und Film, Stadtraum und simulierte Stadt ist.” (ebd.: 60)

Die Typisierung Hoffmann-Axthelms macht deutlich, daß Nutzungsmischung nicht das einzige Instrumentarium ist, um den städtischen Raum zu beleben. Von besonderer Bedeutung für sein Urbanitätsverständnis ist eine ausgewogene soziale Mischung, die zwangsläufig ein erhöhtes Konfliktpotential in sich birgt. Wenn man diese Mischung aus unterschiedlichen ethnischen Bevölkerungsgruppen, sozialen Bevölkerungsschichten sowie mehreren Generationen näher betrachtet, wird deutlich, daß ein hohes Maß an Toleranz und Kompromissbereitschaft bei den Bewohnern erforderlich ist. (vgl. Hoffmann-Axthelm, 1996) Dies kann jedoch nicht vorausgesetzt werden (vgl. Gruen 1975, Schäfers 1997, Hunkenschroer 1995).

Die sich aus der Mischung ergebenden Konflikte sind dagegen ein Hauptpunkt der Kritik am Leitbild der durch Nutzungsmischung erzeugten Urbanität. So schreibt Jakhel, daß die soziale Integration innerhalb eines gemischten Viertels nicht überschätzt werden sollte (Jakhel, 1976: S.83). Er bezweifelt, daß räumliche Planung Lebendigkeit im Stadtgebiet hervorrufen und die Integration des Stadtbürgers in das Stadtgeschehen bzw. in das Marktgeschehen fördern kann. Auch die Tendenz zur sozialen Segregation kann seiner Meinung nach nicht allein durch die Gestaltung des Raumes aufgehoben werden.

Eine ähnliche Haltung vertrat bereits Anfang der 60er Jahren SalinEr bezweifelt, daß Raumplanung tatsächlich urbane Verhältnisse erzeugen könne. Salin definiert Urbanität als …

”kulturell – gesellschaftliche Lebensform, weltoffene Haltung der Bewohner zueinander und gegenüber Fremden, aber nicht (als) die Qualität einer besonderen städtebaulich – räumlichen Struktur.” (in: Sieverts, 1998)

Literaturliste:

  • Hoffmann-Axthelm, Dieter 1996: Anleitung zum Stadtumbau. Frankfurt/M. New York
  • Hunkenschroer, Birgit 1995: Mischung von Wohnen und Arbeit als Potential für eine stadtverträgliche Gewerbentwicklung. Diplomarbeit. Berlin
  • Jakhel, Rudolf 1976: Illusion und Realität der ‚urbanen‘ City: Ein Beitrag zur Kritik der urbanistischen Ideologie, Aachen
  • Sieverts, T. 1998: Zwischenstadt, Braunschweig u.a.

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Ich bin mal gespannt, wie weit man sich bei der anstehenden Stadtdebatte „Alte Mitte – neue Liebe?“ mit diesem Thema befassen wird. Die Auftaktveranstaltung dazu findet am 18. April statt.

Zum Thema Rathausforum und Urbanität siehe auch: „Hingehen, sehen lernen“ – Ein Interview mit Verena Pfeiffer-Kloss von Urbanophil e.V. auf Futurberlin.de