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Überschüttet mit Geschenken: Mauerpark-Drama beglückt Baustadtrat

Mauerpark, auf dem "Dach" des Gleimtunnels. "Hinterm" Horizont (im Sinne von "betret- und erlebbar": das Brunnenviertel (Foto: André Franke)

Mauerpark, auf dem „Dach“ des Gleimtunnels. „Hinterm“ Horizont (im Sinne von „betret- und erlebbar“: das Brunnenviertel (Foto: André Franke)

„Nehmen Sie 39.000 Einwände ernst und liefern Sie die Demokratie nicht den Geschäftsinteressen der Groth-Gruppe aus“, appelliert die Mauerpark-Allianz in einem Beitrag der Abendschau an Mittes Baustadtrat Carsten Spallek, der geduldig zuhört, als die Bürgerinitiativen die gesammelten Stellungnahmen gegen das laufende Bebauungsplanverfahren 1-64a VE geradezu paketweise im Rathaus Wedding am Montag übergab. Geduldig, weil er mit dem Mauerpark bald nichts mehr zu tun haben wird, wenn der Senat weiterplant. Der Beitrag ist noch bis Sonntag, 22.3. im Internet abrufbar (Hier der Link zum Beitrag).

„VE“ heißt übrigens „Vorhaben- und Erschließungsplan“, was ein besonderer Typ von Bebauungsplan ist

Mauerpark: Vom Zaune zur Wies´?

Welche Geschichte erzählt der Mauerpark? Vom Publikum hängt´s wohl ab, ob es um das Ringen um den Park geht oder das Niederringen der befestigten DDR-Staatsgrenze vor 25 Jahren (Foto: Kai Lübeck)

Welche Geschichte erzählt der Mauerpark? Vom Publikum hängt´s wohl ab, ob es um das Ringen um den Park geht oder das Niederringen der befestigten DDR-Staatsgrenze vor 25 Jahren (Foto: Kai Lübeck)

Diesen Schülern der Internationalen Schule aus Neubeuern in Bayern konnte ich am Sonnabend nichts vom aktuellen Mauerpark-Drama erzählen. Sie brauchten die größere Geschichte: wie aus der Betonwand ein Zaun wurde. Das graue Zäunchen kriegen wir schon noch weg. Das ist doch das kleinere Drama. Und es war ja auch eine Mauer- und keine Zukunft-Tour. Heute jedenfalls gaben die Initiativen ihre gesammelten Stellungnahmen gegen die Mauerparkpläne ab – am letzten Tag der öffentlichen Auslegung. Die Initiativen hoffen, dass der Senat, der den Bebauungsplan an sich ziehen will, möglichst lange mit den Einwänden beschäftigt bleibt und damit das Planverfahren verzögert wird. Deshalb zählte in den letzten vier Wochen der Auslegung jede Stimme. Die Anzahl der aktuellen Stellungnahmen übertrifft die Menge derer, die zur vorangegangenen frühzeitigen Bürgerbeteiligung gesammelt wurden, offenbar um das 15-fache. Das war heute jedenfalls auf Facebook zu lesen. Ende 2015 soll der B-Plan festgesetzt, also beschlossen werden, womit der Investor, die Groth Gruppe, Baurecht für ein Wohngebiet nördlich der Gleimstraße bekäme. Das allerdings wäre im Moment die Voraussetzung dafür, dass der Park im zentralen Bereich Richtung Brunnenviertel erweitert würde und auch der Zaun fällt.

Heute im Angebot: Argumente gegen die Groth-Pläne im Mauerpark

Flyer der Mauerpark-Allianz (Ausschnitt): Schwarze Lkw und Pkw zeigen die Befürchtungen vor erhöhter Verkehrsbelastung, besonders durch den Baustellenbetrieb

Flyer der Mauerpark-Allianz (Ausschnitt): Schwarze Lkw und Pkw zeigen die Befürchtungen vor erhöhter Verkehrsbelastung, besonders durch den Baustellenbetrieb

Ab heute beginnt für das Prozedere der Pläne im Mauerpark die zweite Stufe der Bürgerbeteiligung, die sogenannte “Öffentliche Auslegung”. Bis zum 16. März kann jeder, der möchte, seine Einwände gegen den Bebauungsplan 1-64a VE hervorbringen – in der Hoffnung, dass das Bezirksamt Mitte die Einwände berücksichtigt.

Der B-Plan soll dem Investor, der Groth Gruppe, Baurecht für ein Wohngebiet mit derzeit 709 Wohnungen nördlich des Gleim-tunnels verschaffen und ist infolge von städtebaulichen Verträgen die Voraussetzung für die Erweiterung des Mauerparks südlich davon.

Eine erste, “frühzeitige” Beteiligung, hat 2010 stattgefunden. Damals gaben Bürger 2.649 Stellungnahmen ab. Die Intitiativen kritisierten das Auswertungs-ergebnis, in dem die Einwände ihrer Ansicht nach kaum Berücksichtigung fanden. Das Bezirksamt, in Person des damaligen Baustadtrats Ephraim Gothe behauptet das Gegenteil (Fazit aus dem 18-seitigen Auswertungsergebnis; ganzes Dokument hier):

“Zusammenfassend ist zu konstatieren, dass nach Abwägung der privaten und öffentlichen Belange zu den Planungszielen, das Verfahren des Bebauungsplans 1-64 unter Beachtung vorgebrachter Hinweise weiter verfolgt wird.”

Die Mauerpark-Allianz, ein Zusammenschluss aus Initiativen, Der Linken und den Piraten, informierte schon letzten Donnerstag über die Pläne und die Auslegung. Sie sieht das Prenzlauer Berger Gleimviertel und das Brunnenviertel im Wedding (Bezirk Mitte) von Gentrifizierung bedroht. Eine 3D-Animation läuft dazu auf youtube. Sie lässt die Baumassen in die Höhe wachsen und zeigt die befürchtete Verschattung der betroffenen Anrainer, wie die Jugendfarm Moritzhof.

Planzeichnung des offziellen B-Plan-Entwurfs 1-64a VE: rot bedeutet, die Flächen werden als Wohngebiet ausgewiesen. Grün: öffentlicher Spielplatz. Zu dem Plan gibt es eine schriftliche Begründung, die auch eingesehen, gelesen werden kann. Viel Spaß!

Planzeichnung des offziellen B-Plan-Entwurfs 1-64a VE: rot bedeutet, die Flächen werden als Wohngebiet ausgewiesen. Grün: öffentlicher Spielplatz. Zu dem Plan gibt es eine schriftliche Begründung, die auch eingesehen, gelesen werden kann. Viel Spaß!

Die Allianz bietet einen umfangreichen Service. In ihrem fünfsprachigen Flyer gibt sie den Bürgern, die sich beteiligen wollen, ein Abreißformular an die Hand und bietet auf ihrer website sogar Argumente gegen die Groth-Pläne an. Die Mauerpark-Allianz, zu der auch die mit dem Volksentscheid erfolgreiche Initiative 100% Tempelhofer Feld gehört, bereitet außerdem ein Bürgerbegehren gegen den B-Plan vor.


Die Mauerpark-Geschichte ist äußerst komplex. Man kann sie sich bei Gelegenheit mal erklären lassen – immer montags 19:00 Uhr in der Jugendfarm Moritzhof, Schwedter Straße 90, wo sich die Mauerpark-Aktivisten für Fragen zur Beteiligung zur Verfügung stellen. Mehr Infos zum Plan und zur Auslegung auch auf der website des Bezirksamts Mitte, hier.

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  • „Der Stadtrat, der aus der Hüfte schießt“ – Wie Mittes Baustadtrat Carsten Spallek weniger Bürgerbeteiligung wagt und mit seinem kuriosen Stil bisher ganz gut fährt (März 2013), im Fokus drei Mitte-Projekte: Mauerpark, Monbijoupark und Marienkirchhof
  • „Ob es klappt, weiß man nicht“ – Interview mit Frank Bertermann (Grüne), Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses der BVV Mitte, über die damals initierte Bürgerwerkstatt Mauerpark und den aufgstellten Bebauungsplan 1-64 (August 2010)