Las Vegas Benz, die East Side Mall und das Vier-Millionen-Zimmer

Die Morgenpost schreibt zweimal (zwei Richtfeste in eine Woche) über das Entertainment-Viertel rund um die Mercedes-Benz-Arena. In „So sieht das Viertel rund um den Mercedes Platz aus“ spricht sie mit:

  1. Katharina Dinovski, die ihr Büro im S-Bahnbogen hat,
  2. Moritz Hillebrand, der seit 18 Jahren für die Anschutz Entertainment Group (AEG) arbeitet,
  3. Marcin Markovski, der dort wohnt (!), aber bald nach Amsterdam weiterzieht.

East Side Mall mit Hochhaus (Bild: FREO Group)

In dem Artikel „Am Donnerstag feiert die East Side Mall Richtfest“ erfährt man, dass von der Warschauer Brücke eine 60 Meter lange Brücke (Baubeginn 13. November) in das 68. Einkaufszentrum Berlins rüberführen soll, eine Verbindung, auf der auch die Besucher der East Side Gallery entlang geführt werden, direkt durch die Mall. Daneben entsteht ein Bürohochhaus von 140 Metern Höhe. Zitiert werden der Mall-Projektleiter, Martin Sänger, und der Vice President von AEG, Michael Kötter. Letzterer mit der Größe des Mercedes-Platzes: 13.000 Quadratmeter. Im ersten Artikel war er noch halb so groß. Kötter beschwört Las Vegas herauf: Multiplex-Kino, Music-Hall, Bowling-Bahn, acht Medientürme mit Lichtshows …


Die B.Z. hat Berlins teuerste Einraumwohnung ausfindig gemacht: Sie kostet 3.950.000 Euro. Erster Haken: Das ist der Preis für den Rohbau. Einrichtung kostet extra. Zweiter Haken: Die Wohnung ist sehr groß (329 Quadratmeter), was den Preis erklärt. Der Quadratmeter kostet also nur noch ca. 12.000 Euro, was in Berlin angesichts von „The Wilhelm“ (31.880 Euro pro Quadratmeter) keine weltbewegende Größenordnung mehr ist. Das Fundstück der B.Z. befindet sich im „Metropolpark“ (Projektname), gegenüber vom ehemaligen Bärenzwinger. Ganzer Artikel: „Vier Millionen Euro – das ist Berlins teuerste Einzimmer-Wohnung“…

Im Stadtkern ist die Hölle los

Vergleicht man das Bauen in Berlin mit der Arbeit eines Chirurgen am Körper, dann fällt auf, die operativen Eingriffe konzentrieren sich zur Zeit stark auf das Herz. Berlins Stadtkern wird von Endoskopen durchdrungen, von Klemmen zerdrückt, mit Pinzetten gepiesackt, mit Messern durchschnitten sowieso. Es wirkt, als wäre kein Arzt am Werk, eher eine Gruppe Aasgeier, die über das blutende Organ herfallen. Ja, mit dem Hammer draufhauen. Wenn am Ende wieder ein Herz herauskommen sollte, hat Berlin mehr als Schwein gehabt.

Die Hölle ist ein Ort auf Erden: Berlin-Mitte. 38 Projekte des Bauens, Planes, Diskutierens

Die Hölle ist ein Ort auf Erden: Berlin-Mitte 2017. 38 Projekte des Bauens, Planes, Diskutierens

Auch innerhalb des Stadtkerns konzentrieren sich die Projekte in bestimmten Bereichen. Ich nenne sie entsprechend „Bauhöllen“. Die 38 Projekte sind aber nicht nur reine Baustellen. Manche sind in Planung. Andere gerade fertiggebaut. Auch Denkmäler sind mit dabei, über deren Standorte gestritten wird. Und Stadtplätze, die neu entstehen. Und jetzt: Ab durch die Mitte – ab durch die Hölle!

Bauhölle Nord (1-5)

Auf der Museumsinsel wird das (1) Pergamonmuseum umgebaut. Es erhält einen vierten Flügel und soll nach Bauverzögerung und Kostenanstieg 2023 fertig sein. Daneben entsteht die (2) James-Simon-Galerie als zentraler Eingang in die unterirdische archäologische Promenade, die alle fünf Museen erschließt. Die Verkehrsverwaltung hat im September angekündigt, das Umfeld der Museumsinsel aufzuwerten, so auch die Straße (3) Am Kupfergraben, die teilweise aus Kopfsteinpflaster besteht. Sie wird erneuert. Der Unternehmer Ernst Freiberger saniert auf der anderen Seite der Insel mit dem (4) Forum Museumsinsel sieben denkmalgeschützte Gebäude zwischen Spree und Oranienburger Straße und belebt dadurch die Verbindung zwischen Spreeinsel und Spandauer Vorstadt. Auch das Berliner Traditionsunternehmen Siemens profiliert sich als Anrainer der Museumsinsel. Es baut seine Firmenrepräsentanz mitten im Garten vom (5) Magnus-Haus und wirkt dabei wie der Elefant im Porzellanladen. Das Gebäude mit Garten ist ein denkmalgeschütztes barockes Stadtpalais, wie es es in Berlin so kein zweites Mal gibt.

Letztes barockes Stadtpalais mit Garten - bitte einmal kräftig reinbauen! Siemens macht´s trotz Architektenprotest. (Foto: André Franke)

Letztes barockes Stadtpalais mit Garten – bitte einmal kräftig reinbauen! Siemens macht´s trotz Architektenprotest. (Foto: André Franke)

Bauhölle West (6-15)

Nach sieben Jahren sind endlich die Bauarbeiten an der (6) Staatsoper beendet. Das macht zwar eine Baustelle weniger in Mitte, aber vom Bebelplatz Richtung Osten häuft sich das Baugeschehen. Das (7) Opernpalais wird saniert, von dem es heißt, Bauherr sei Springer-Chef Mathias Döpfner. Der lässt die Berliner zappeln und verschweigt bislang, was aus dem Gebäude werden soll. Die Luxus-Appartments der (8) Kronprinzengärten sind fast fertig. Völlig fertig ist die (9) Friedrichswerdersche Kirche, und zwar in dem Sinne, dass sie zur Baustelle gemacht wurde. Daran waren die Tiefgaragen der Kronprinzengärten schuld. Sie brachten die Kirchenfundamente zum Wackeln. Jetzt stützen Gerüste Schinkels Bauwerk auf unbestimmte Zeit von innen. Eintreten bleibt ein Traum. Arme Kirche: Auf der anderen Seite baut die Frankonia Eurobau (10) Wohn- und Geschäftshäuser am Schinkelplatz. Durch den Wiederaufbau entsteht auch der (11) Werdersche Markt als Stadtplatz neu. Prominenteste Anrainerin wird hier die (12) Bauakademie. Der Ideenwettbewerb für den langersehnten, 62 Millionen teuren Wiederaufbau läuft bis Januar, die Jury entscheidet im April. Über das (13) Freiheits- und Einheitsdenkmal auf der anderen Seite des Spreekanals ist hingegen entschieden. Der Bundestag bestätigte den umstrittenen Bau der „Wippe“ im Sommer, nachdem das Projekt im wahrsten Sinne des Wortes ins Schaukeln geraten war. Die begehbare Plattform, die sich neigt, wenn sich eine kritische Masse an Besuchern auf eine Seite bewegt (offizieller Titel: „Bürger in Bewegung“), wird genau vorm (14) Berliner Schloss platziert. Es ist immer noch Berlins beste Baustelle, bei der man im Kosten- und Zeitplan liegt. Erste Barockfassaden sind vom Baugerüst befreit. Vom Lustgarten sind sie zu sehen. Wenn das Schloss als Humboldtforum 2019 eröffnen wird, werden die Bauarbeiten in der Nähe aber weitergehen. Nicht wundern. Der (15) U-Bahnhof Museumsinsel der Linie U5 braucht ein bisschen länger.

Bauhölle Mitte (16-21)

Die Linie der „Kanzlerbahn“, die vom Alexanderplatz bis zum Brandenburger Tor gebaut wird, bringt noch eine weitere Bahnhofsbaustelle mit sich. Für den neuen (16) U-Bahnhof Berliner Rathaus wurden die Reste der bei den Bauarbeiten freigegrabenen Tuchhalle des alten Rathauses zerstört. Keine schöne Geschichte. Nur weil in Berlin immer alles schnell gehen muss. Vier Denkmäler stehen auf dem Rathausforum, der Freifläche zwischen Spree und Fernsehturm. Das (17) Marx-Engels-Denkmal ist wegen der Baustelle der BVG an die Karl-Liebknecht-Straße gerückt. Wo es in Zukunft stehen soll, ist nicht sicher. Der neueste Vorschlag kommt von Annette Ahme (Verein Berliner Historische Mitte), es vor das Haus des Reisens zu bringen (mehr dazu später). Doch vermutlich kommt es ins Zentrum des Marx-Engels-Forums, einer Teilfläche des Rathausforums, zurück. Das (18) Luther-Denkmal ist zum Reformationsjubiläum vor die Marienkirche zurückgekehrt. Hier stand Luther seit Ende des 19. Jahrhunderts, allerdings auf einem Sockel und mit Begleitfiguren. Ein zweiter Neuzugang in der Nähe ist das (19) Denkmal für Moses Mendelssohn. Micha Ullmann („Bibliothek“ auf dem Bebelplatz) hat die Fassade des Hauses in der Spandauer Straße in die Horizontale gelegt. Der Aufklärer, der mit 14 Jahren als Jude nach Berlin kam, wohnte hier. Zwischen Marienkirche und Rathaus steht der (20) Neptunbrunnen. Auch er ist in der Diskussion, vielmehr sein Standort. Mit dem Bau des Schlosses wird auch der Wunsch bei vielen stärker, den ehemaligen Schlossbrunnen zurück zum Schlossplatz zu bringen. Zwar hatte der Bund dafür Geld zugesagt, aber das Land Berlin hat bislang nichts dergleichen entschieden. Alle genannten Projekte sind Teil des schon erwähnten (21) Rathausforums. Für dieses große Areal beschloss das Abgeordnetenhaus 2016 zehn Bürgerleitlinien, die das Ergebnis einer ganzjährigen Stadtdebatte mit Bürgern, Architekten und Stadtplanern waren. Es soll ein Stadtraum für alle sein, mit öffentlicher Nutzung und viel Grünfläche. Ein städtebaulicher Wettbewerb, wie er noch im Koalitionsvertrag von Rot-Schwarz 2011 geplant war, ist damit vom Tisch.

Genial und nur bei Regen: gespiegelte Umwelt des Denkmals (Foto: André Franke)

Mendelssohn-Denkmal von Micha Ullmann: Genial und nur bei Regen: gespiegelte Umwelt des Denkmals (Foto: André Franke)

Bauhölle Ost (22-29)

Rund um den Alex entstehen vor allem Hotelneubauten. Mit dem (22) Motel One an der Grunerstraße ist das erste, 60 Meter hohe und mit 708 Zimmern größte der Marke in Europa schon fertig. Ins (23) „Volt Berlin“ (südlich vom „Alexa“ und der Voltaire-Straße), wo nach ursprünglichen Plänen mit Surfing und Skydiving das Einkaufen zum Erlebnis gemacht werden sollte, zieht ein Hotel der Lindner-Gruppe. Hier werden gerade die Fundamente gegraben, für einen nun doch eher normalen Geschäfts- und Büroblock, wie es heißt. Südlich vom „Volt“ kommt (24) The Student Hotel, für das entlang der Alexanderstraße auf einer Fläche von 17.000 Quadratmetern 457 Zimmer für Studenten errichtet werden. Nördlich vom „Volt“ baut dagegen ein niederländischer Investor mit dem (25) „Grandaire“ ein klassisches, von Chicago inspiriertes Wohnhochhaus von 65 Metern Höhe und mit 269 Wohnungen. Der Bau eines (26) Hotels nördlich des Panorama-Hauses an der Karl-Liebknecht-Straße wird gerade in zweiter Instanz vor Gericht verhandelt. Eine Baugenehmigung gibt es hier schon seit 2012. Das Panorama-Haus landet gewissermaßen im Hinterhof. Soweit zu den konventionellen Projekten. Doch der (27) Alexanderplatz wird Hochhausstandort. Und die ersten zwei (von insgesamt neun geplanten) 150 Meter hohen Türme befinden sich auf dem Weg der Verwirklichung. Am Alexa baut nach Plänen des Architekturbüros Ortner & Ortner das russische Unternehmen Monarch, und am Saturn-Gebäude hat sich das US-amerikanische Unternehmen Hines für Entwürfe von Frank O. Gehry entschieden. Nicht nur die Skyline des Stadtkerns verändert sich. Es ist die Skyline Berlins. Nachdem die Hochhauspläne am Alex überarbeitet worden sind, entstehen auch neue Stadtplätze: (28) „Vorm Haus des Reisens“ und (29) „An der Markthalle“ sind die ersten Projekte, an deren Gestaltung auch die Berliner mitwirken können. Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) hat angekündigt, die Stadtdebatte vom Rathausforum (siehe oben) weiterzuführen und die Bürger mitentscheiden zu lassen.

Bauhölle Süd (30-32)

Eher klein, aber fein erscheinen drei Projekte am Märkischen Museum. Mit dem (30) Metropolpark bauen die Architekten Axthelm Rolvien die expressionistische AOK-Zentrale zu Apartments um. Bis zu 370 Quadratmeter werden die Eigentumswohnungen groß, manche Räume haben eine Deckenhöhe von 6 Metern. Gleich gegenüber ist mit dem Tod der Stadtbären Maxi und Schnute die Geschichte des legendären (31) Bärenzwingers abgelaufen. In den nächsten zwei Jahren wird über eine neue Nutzung des denkmalgeschützten Gebäudes diskutiert, es laufen auch Austellungen. Um den schlecht angebundenen Köllnischen Park aus seinem Schattendasein zu befreien, gibt es auch Entwürfe des Architekten Detlev Kerkow für den Wiederaufbau der im Krieg zerstörten (32) Waisenbrücke. Auf der To-Do-Liste des Senats erscheint sie aber bis auf weiteres leider nicht.

Enturf für eine neue Waisenbrücke. Blick aufs Märkische Museum am südlichen Spreeufer (Abb. Detlev Kerkow)

Bauhölle Süd-Ost (33-36)

Schließlich verändet sich auch das Zentrum Alt-Cöllns. Nach dem Abriss des DDR-Bauminsteriums und den archäologischen Grabungen ensteht an der Breiten Straße ein ganzer Block neu. Das sanierte (33) Kaufhaus Hertzog ist Teil davon. Am Petriplatz nebenan kommt der Neubau des (34) Archäologischen Zentrums, von dem aus ein Informationswegesystem geplant ist, das durch die Altstadt führt. Aufsehen erregt hier vor allem aber das (35) House of One. Das interreligiöse Gotteshaus, das Kirche, Synagoge und Moschee in einem sein soll, ist mittlerweile zu einem Projekt des nationalen Städtebaus prämiert worden. Selbst die (36) Fischerinsel ist vor Bauaktivitäten nicht mehr sicher. Zwar sind die Pläne nach Protesten der Anwohner für ein Hochhaus abgesagt worden, doch die Ecke an der Grunerstraße, wo im Moment noch ein tiefes Loch klafft, bekommt auf jeden Fall einen neuen Block.

Bauhölle kommunikativ (37-38)

Zwei umfangreiche Projekte dürfen nicht unerwähnt bleiben. Beim Projekt (37) Molkenmarkt wird die Grunerstraße nach Norden an die Rückseite des Rathauses verschwenkt und Bauland gewonnen. Zweieinhalb Berliner Blöcke erwachsen so dem Klosterviertel. Die Bauhölle Ost verbindet sich mit der Bauhölle Süd-Ost. Und das (38) Flussbad Berlin, dem Ort, an dem Berlin bald baden gehen könnte, zieht sich entlang des Spreekanals vom Märkischen Museum an Alt-Cölln vorbei bis zur Museumsinsel. Drei Bauhöllen stehend somit in direkter Verbindung.

Nachlese – Das war der #NewsRide vom 4. Oktober 2017

Der Tunnel 71

Ein Blick durchs Schaufenster des um 19:15 Uhr schon geschlossenen Ladens… Man kann sich die Baupläne für den 30 Meter langen, neu zu grabenden Tunnel, mit dem der ehemalige Fluchttunnel 71 „angegraben“ wird, im Laden des Vereins Berliner Unterwelten in der Brunnenstraße 141/143 ansehen. Einblick in den echten Fluchttunnel soll es erst nächsten Sommer 2018 geben. Das Tunnelprojekt kostet 200.000 Euro und bereichert die Gedenkstätte Berliner Mauer in der Bernauer Straße. tagesspiegel.de

Route durch Mitte: 7 Kilometer

Route durch Mitte: 7 Kilometer

Die Alliiertenorgel

An der Kapelle der Versöhnung ist im Dunkeln natürlich niemand. Aber die Holzlamellen, die eine nahe stehende Laterne belichtet, machen im Vorbeifahren eine schöne Erscheinung. Die nächsten Konzerte mit der letzte Woche neu eröffneten Schuke-Orgel, die mit vier landestypischen Klangfarben der Siegermächte aus dem Kalten Krieg ausgestattet ist, sind am 14. (17 Uhr, Romantische Musik) und 28. Oktober (15 Uhr, Luther-Lieder). Gespielt wird das Instrument von Annette Diening. weddingweiser.de

Die Europacity

Der Weg dorthin ist fast interessanter als die Europacity selbst. Im Libeskind-Bau Sapphire brennt im 1. OG hinter Gardinen Licht. Wohnt da schon jemand drin? Die Chausseestraße ist auf der einen Hälfte Baustelle, aber über den Bürgersteig am BND-Bau lässt sich locker langfahren. Ins Glasfoyer blickend ist eine graue Wand erkennbar, hinter der die Mitarbeiter nach Eintreten durch die Tür verschwinden werden. Das sieht äußerst merkwürdig aus. An der Nordseite sitzt ein normaler Pförtner im großzügigen Empfangsbereich, hier gibt es die Schutzwände komischerweise nicht.

Jenseits des Kanals liegt die Heidestraße, rechts und links von ihr liegen Brachflächen, Bauflächen. Vom konzipierten Boulevard ist nichts zu spüren. Klar, die Straße ist fertig. Mittig wächst eine Hecke. Aber was passiert eigentlich mit der Tankstelle? Auf den Flächen westlich der Heidestraße kommen also die vier Blöcke des Quartiers Heidestraße. Der Spaß besteht darin, sich das vorzustellen. Auch als Nicht-Architekten. Das kann gewissermaßen schwerfallen. Leichter fällts den Profis. Frau Lüscher: „In unseren Köpfen ist die Europacity vollendet“ (morgenpost.de). Aber wie es hier aussieht! Ein schäbiger Zweckbau, in dem die Deutsche Bahn sitzt, allein auf weiter Flur … Container. Ein neuer Wohnblock links, ein paar schöne Altbauten rechts. Die haben sogar kleine Vorgärten. In dem einen wohnen Leute. — Hier wohnen Leute!

Doch je weiter man von Norden Richtung Hauptbahnhof gelangt, desto mehr kommt einem die Zukunft entgegen. Die 50Hertz-Zentrale leuchtet. Aus dem Total Tower kommen Leute raus, wieder Leute. Feierabend. Total interessante Lamellenfassade neben dem Tower… Aber alles Gebaute hier kommt mächtig kalt rüber.

Die Staatsoper

Im Licht des Maxim-Gorki-Theaters spielen ein paar Leute Boule. Kurzer Stopp bei Heine, der Spruch ist zu schön: „Wir ergreifen keine Idee, die Idee ergreift uns und knechtet uns und peitscht uns in die Arena, wo wir wie gezwungene Gladiatoren für sie kämpfen.“ Genau, lauter Gladiatoren und keiner kann so richtig zurück.

Vor der Oper Unter den Linden liegt der rote Teppich noch. MDCCXLIII steht weit oben. Ich habe Schwierigkeiten mit dem XL und es dauert eine Weile bis ich drauf komme, dass es die gleiche Logik ist wie bei IV. Hab ich selten so gesehen. Ziehe 10 von 50 ab, und das Ganze macht Sinn: 1743. Hinter der Oper rum zur Barenboim-Said-Akademie, wo massenhaft Fahrräder vor der Tür stehen. Hinter dem Fenster lassen sich die Schauspieler und Sänger schminken. Kann man alles mitansehen. Vorm Haupteingang in der Französischen Straße rauchen Mitarbeiter. Im Foyer: Kostümierte, die sich in einer Schlange langsam Richtung Auftritt schieben. Oh Gott, die müssen durch den Tunnel, der rüber ins Opernhaus führt – noch so ein Tunnel. morgenpost.de

Dann kamen noch das Freiheits- und Einheitsdenkmal, für dessen Standortverlagerung sich jetzt auch Eva Högl (SPD) stark macht (focus.de), und auf der anderen Seite des neuen Schlosses die Spreeterrassen, deren Bau noch im Oktober beginnen soll (morgenpost.de)

Mauerfall am Ersten: Sind wir nicht alle ein bisschen Schabowski?

Vor genau einem Jahr, am 10. Oktober 2016, schrieb ich über Fehlinfos im öffentlichen Raum … über den „verminten Todesstreifen“, verrutschte Lagekarten und falsche Bevölkerungszahlen, die uns auf Berliner Straßen von den Behörden vor die Nase gehalten werden. Jetzt hab ich noch eine gefunden. An der Heinrich-Heine-Straße.

Postsozialistische Infotafel am ehemaligen Grenzübergang Heinrich-Heine-Straße. Mauerfall. Acht Tage vor Schabowskis „Sofort“?

Postsozialistische Infotafel am ehemaligen Grenzübergang Heinrich-Heine-Straße. Mauerfall. Acht Tage vor Schabowskis „Sofort“?

Entweder ich übersehe da etwas ganz Simples oder ein Detail. Oder jemand Verantwortliches hat den Mauerfall (Mittwoch, Merkel in der Sauna) mit seinem eigenen Sauna-Termin durcheinander gebracht.

Der Schock beim Lesen

An der Heine-Straße steht eine Infotafel. Ein Trabi und ein Moskwitsch fahren vom Westen in den Osten. Drumherum stehen Menschen in einer dichten, langen Schlange (nach Ost) und andere flanieren Richtung Freiheit. Da es hell ist, muss es sich um den 10. November 1989 handeln. Wir lesen: 1.11.1989.

Wie kann so was passieren? Wahrscheinlich hat man hier einfach die Null hinter der ersten Eins vergessen. Wer ist „man“, der oder die sich so einen Flüchtigkeitsfehler erlaubt? Geschichte durcheinander bringt. Einem Guide in Berlin potenziell die Nerven raubt, wenn er irgendwann mal behaupten wird, die Mauer fiel an einem Dienstag. Den 1. November.

Schusselig ist menschlich – Sind wir nicht alle ein bisschen Schabowski?

Darf so was passieren? – Ja. Irgendwie ja. Denn mir fällt sofort – sofort – ein eigener Flüchtigkeitsfehler ein, den ich hier mal nicht ausbreiten möchte. Flüchtigkeitsfehler sind meistens die Sorte Fehler, die andere ausbaden müssen. In dem Falle: ich. So kommt mein eigener also endlich zurück. Die Dinger kommen immer zurück …

In der 44. und 45. Kalenderwoche bitte aufpassen! Wenn die Tafel an der Heine-Straße nur den Bruchteil ihrer möglichen Wirkung entfaltet hat, könnte es nämlich sein, dass sich einer hinstellt und drauf beharrt: „Nee, det war ´n Mittwoch. Heute ist Mauerfall.“ Obwohl noch nicht der Neunte ist. Der fällt diesjahr nämlich auf einen Donnerstag. Der Erste auf einen Mittwoch. Im Zweifel: in die Sauna gehen.

Hier der Artikel vom 10. Oktober 2016: „Berliner Fehlinfos für alle und frei zugänglich im öffentlichen Raum“

Die Oberwallstraße ist ein starker Zug!

Dass die Staatsoper eröffnet, bedeutet nicht nur das Ende eines Bauskandals. Mehr als das Haus selbst kriegen wir einen Platz zurück und eine völlig unterschätzte Straße. Was freue ich mich auf den Bebelplatz! Den ganzen. Er hat wieder Micha Ullmanns Mittelpunkt, die Kellerbibliothek. Er atmet wieder auf zwei Lungenflügeln, anstatt auf nur einem. Die Leute werden wieder Kreise um das Denkmal ziehen, anstatt Halbkreise am Bauzaun. Jeder wird wissen, wo er hier hin muss. Und die Hedwigskirche strahlt bis Unter den Linden.

Comeback eines Straßenzugs

Die Baustellen gehen, Berlin kommt! Das gilt auch für die andere Seite der Staatsoper. Hinter dem Opernpalais rappelt sich die Oberwallstraße wieder auf. Hoffentlich nicht nur, um im Dezember zum Weihnachtsmarkt zu mutieren. Nachdem die „Kronprinzengärten“ jetzt fertig sind, kann man hier zu Fuß schon wieder langgehen. Mehr schleichen eigentlich, an den Containern vorbei und an den Baufahrzeugen. Es kann nicht mehr lange dauern, und die ganze Straße wird frei. Befahrbar. Seit ich den Stadtkern-Ride mache, warte ich auf das Comeback dieses Straßenzugs.

Oberwallstraße nach Süden. Blickpunkt Hausvogteiplatz-Fassade. Links: Friedrichswerdersche Kirche und achteckiger Schinkel-Pavillon (Foto: André Franke)

Oberwallstraße nach Süden. Blickpunkt Hausvogteiplatz-Fassade. Links: Friedrichswerdersche Kirche und achteckiger Schinkel-Pavillon (Foto: André Franke)

Warum denn? 

Weil er so schön vom Hausvogteiplatz durch die Brückenbogen des Opernpalais Über die Linden zur Ecke „Hinterm Gießhaus“ führt. Die Oberwallstraße ist wörtlich: ein guter Zug. Das Beste an ihm: Er ist absehbar (wieder wörtlich zu nehmen): Man blickt von einem Ende zum andern …

Die visuelle Qualität der Oberwallstraße ist aber nicht ihre einzige. Sie hat auch historische (Nicht gleich gähnen!), dramaturgische und überlokale Fähigkeiten. Was die so alles kann …

  1. Sie erzählt an drei Stellen (Hausvogteiplatz, Hedwigskirche, „Hinterm Gießhaus“) die Geschichte der Festungsstadt.
  2. Sie inszeniert Unter den Linden dadurch, dass sie beim Durchqueren des nördlichen Brückenbogens das Panorama des Boulevards aufmacht: Humboldt-Universität, Neue Wache, Zeughaus, Berliner Dom, Fernsehturm, Schloss.
  3. Sie verbindet als Segment eines potenziellen Stadtkern-Rundwegs das Märkische Museum mit der Museumsinsel.
Oberwallstraße, Blick durch Brückenbogen zum Palais am Festungsgraben. Zuviel Blech im Stadtraum, inklusive Parkscheinautomat (Foto: André Franke)

Oberwallstraße, Blick durch Brückenbogen zum Palais am Festungsgraben. Zuviel Blech im Stadtraum, inklusive Parkscheinautomat (Foto: André Franke)

Eine Offenbarung erfährt, wer hier weitergeht. Aus der Enge heraus entfaltet sich das Panorama von Unter den Linden: 180 Grad Berlin (Foto: André Franke)

Eine Offenbarung erfährt, wer hier weitergeht. Aus der Enge heraus entfaltet sich das Panorama von Unter den Linden: 180 Grad Berlin (Foto: André Franke)

Hier wird die Oberwallstraße zu „Hinterm Gießhaus“. In der Ecke, am Baum, biegt der Straßenzug nach rechts ab zur Mueumsinsel. (Foto: André Franke)

Hier wird die Oberwallstraße zu „Hinterm Gießhaus“. In der Ecke, am Baum, biegt der Straßenzug nach rechts ab zur Mueumsinsel. (Foto: André Franke)

Die Oberwallstraße sollte deshalb mehr werden als Glühwein-Quelle und Hinterhof der Kronprinzengärten. Sie sollte eine echte Aufgabe bekommen:

Das Aufmerksamkeitsgefälle

zwischen nördlichem und südlichem Stadtkern

verringern helfen,

indem sie die Besucherströme verteilt, ein alternatives Angebot zur Touristenbahn „Gendarmenmarkt – Bebelplatz – Lustgarten“ macht und mehr Durchwegungsattraktivität entwickelt.

Natürlich nicht für Autos.

Benedikt gefangen im Bärenzwinger

Ich fahre meine Touren, auch wenn keiner kommt. Dazu muss ich mich gar nicht zwingen. Denn ich weiß, es gibt immer Überraschungen. Als ich am Mittwoch auf dem Stadtkern-Ride am Bärenzwinger vorbeikam, entschied ich mich spontan, in die neue Ausstellung zu gehen. Dort war ich allein. Niemand anderes war da. Der Campingstuhl mit dem gelb-weiß gestreiften Sitzpolster im Empfangsraum war leer. Nur eine Stimme sprach zu mir, die aus dem Raum hinter der Holztür kam. „Hallo?“ Der Wärter hatte sich im Klo eingeschlossen. Die Tür war zugefallen, und er konnte sie von innen nicht öffnen. Ein Vorfall, der offenbar zum ersten Mal in der Ausstellungsgeschichte des Bärenzwingerbaus aufgetreten war. Jetzt war es an mir, Benedikt, wie er hieß, zu befreien.

Über die Kunst, jemanden zu retten, der nicht in Notlage ist …

Als erstes ging ich zum Schrank. Der stand schon halboffen. Drin waren eine Säge, Kleiderbügel, Klopapier. Auch ein Eisenwinkel, den ich herausnahm, und ihn als „Dietrich“ benutzte. Weiß einer heutzutage noch, was ein „Dietrich“ ist? Die Baukammer von Opa war voll mit den Dingern. Ich hätte sie hier und jetzt sowas von gebrauchen können! Benedikt wäre schnell draußen gewesen. Doch er musste sich gedulden. Der Winkel war zu groß.

Eingang Bärenzwinger im Köllnischen Park

Eingang Bärenzwinger im Köllnischen Park

Dann checkten wir das Fenster. Es war vergittert. Die Säge? – Nee. Ich griff lieber zum Kleiderbügel. Mit dem Hängehaken ging ich ins Schlossloch der Tür. Also im Grunde war da gar kein Schloss drin, was Teil des Problems war. Ich bog den Haken zum „Dietrich“ und drehte ihn im Türschloss. Aber der Bolzen ließ sich nicht zurückziehen. Stattdessen verklemmte sich der Haken. Ich kriegte ihn nicht mehr raus. Schließlich brach er.

Klotür mit Schrank

Klotür mit Schrank

Bis zu diesem Zeitpunkt waren Benedikt und ich allein. Es war gegen halb sechs abends. Da kam eine Mutter mit zwei Kindern, die auch in die Ausstellung wollte. Aber schon war sie Mitglied der Rettungsaktion geworden … Sie sagte, es gäbe einen Mann mit Taschenmesser, zeigte in Richtung Spielplatz, wo sie herkam. Kurz darauf kam ein Vater mit Söhnchen. Er sollte entscheidend bei der Befreiung im Bärenzwinger mitwirken.

Inzwischen hatte Benedikt die Feuerwehr angerufen: „Ich bin eingeschlossen im Bärenzwinger“, hörte ich ihn durch die Tür sagen. Was der Feuerwehrmann am anderen Ende der Leitung in diesem Moment wohl gedacht haben muss? Aber er lehnte den Auftrag ab. Es läge keine Notsituation vor.

Sauna mit Taubnessel-Aufguss

Sauna mit Taubnessel-Aufguss

Sommer im September: 32 Grad Celsius

Sommer im Bärenzwinger: 32 Grad Celsius im September

So machten wir selber weiter. Der Taschenmesserpassant werkelte zehn Minuten an der Tür rum. Sein Kleiner schaute zu. Ich schaute zu. Saß im Liegestuhl, der eigentlich für den Wärter war. Es half nichts. Als letztes schraubte er noch die Türschloss-Verkleidung ab. Sein Taschenmesser hatte einen Schraubenzieher dran. Ich fand im Schrank noch eine dünne, stiftlange Schraube. Die steckte ich in das erweiterte Loch der Tür. Stach mit ihr nach oben und versuchte, damit den Bolzen zurückzuflippen. Es ging! Zwar nur ein paar Millimeter, aber es reichte, dass der Taschenmessermann mit seiner Punktekarte von REWE zwischen Bolzen und Türrahmen kam. Vorher funktionierte das nicht. Die Türe ging auf. Benedikt sprang heraus, und der Taschenmessermann, sein Sohn und ich sahen endlich, mit wem wir es zu tun hatten.

Benedikt, der Bär

Benedikt bot uns sofort ein Bier an: Berliner Pilsener mit dem roten Bären drauf. Dann führte er mich durch den alten Zwinger von Schnute und Maxi und durch die aktuelle Ausstellung. — Soviel zum Thema Überraschungen. Wobei, eine geht noch: Als ich einen Tag später noch mal in den Zwinger ging, um Fotos zu machen, stand diesmal ein anderer Wärter vor mir. Auf meine Frage, ob Benedikt da sei, erwiderte er etwas ratlos: „Benedikt? Der Bär?“

Was soll aus dem Bärenzwinger aber nach der zweijährigen Zwischennutzung als Ausstellungsort werden? Ich habe gelesen, dass vor Ort über die Zukunft des Zwingers diskutiert werden soll und schlage einen:

Skater-Garten für Kinder

vor.

Warum und wieso? Dazu mehr demnächst …


Mehr Infos zur Aussstellung von Reto Pulfer und Sarah Ancelle Schönfeld im Bärenzwinger unter www.baerenzwinger.berlin

Geländergymnastik gegenüber vom Welterbe

Wanderer, kommst du an diese Kreuzung, dann frage nicht, worin hier der Sinn besteht … Mit den Worten müsste man Schilder an die Ebertbrücke (nahe Museumsinsel) stellen, um Touristen den Lebensmut zurückzugeben. Es würde auch mir selber helfen, nicht auszurasten, wenn ich hier mal als Fußgänger unterwegs bin. Doch die Szene mit den zwangsbeglückenden Stahlrohrgeländern ist letzten Endes ein echter Lacher.

Steigt einer übern Zaun zur Museumsinsel (Foto: André Franke)

Steigt einer übern Zaun zur Museumsinsel (Foto: André Franke)

Kreuzungsalltag an der Museumsinsel

Da kommt eine Gruppe von Leuten aus der Tucholskystraße rüber und erblickt linker Hand die Museumsinsel. Sie geht ungläubig nach rechts in die Straße Am Weidendamm, vom Geländer geführt (entführt!) bis an eine Stelle, wo das Geländer nach zwanzig Metern zwar aufhört, aber alle die Insel schon vergessen haben. So laufen sie halt zur Friedrichstraße. Auch schön, denken sie sich wohl, hier an der Spree lang.

Dann kommt einer, der das Gelände kennt. Und das Geländer. Er sieht aus, als lebte er auf der Straße. Und viele, die das tun, laufen ja stundenlang durch die Stadt. Er kommt ebenfalls von der Tucholskystraße über die Ebertbrücke, möchte aber, geradeaus in die Geschwister-Scholl-Straße. Überlegt nicht lange, guckt nicht nach rechts oder links. Der Mann steigt mit dem Bein durchs Geländer und schwingt in Kniehöhe den Oberkörper geübt hinterher. Jetzt steht er mitten auf der Kreuzung! Muss, um auf den gegenüberliegenden Bürgersteig zu gelangen, durch ein weiteres Geländer durch. Oder drüber. Das machen auch manche, wie der, den ich fotografiert habe (siehe Bild oben).

Einen Hubschrauber möchte ich holen für diese beiden: Ein älteres Pärchen will vom Kupfergraben kommend einfach geradeaus, am Ufer der Spree. Einfach über die Straße. Sie stehen da, stehen da, stehen da immer noch. Dann entscheiden auch sie sich für den Durchbruch. Er scheitert. Das Geländer zwingt sie über die Brücke zu gehen.

Geländerlauf und Stolperfallen

Es gibt jetzt Hoffnung, dass die Epoche der geregelten Entgleisung an der Ebertbrücke zu Ende geht. Die Verkehrsverwaltung hat Baumittel zugesagt, die der Umgebung der Museumsinsel zugute kommen sollen. Vor allem Fußgängern soll der Zugang zum Weltkulturerbe geglättet werden. Es werden Straßen saniert, die es bitter nötig haben, wie die Kopfsteinpflasterstraße Am Kupfergraben. — Das kommt nämlich zum Geländerlauf noch dazu: Dass, wer die Stahlrohre überwunden hat, sich gefasst machen muss, über die herausgewachsenden Pflastersteine zu stolpern.

Wenn aber die Straße neugemacht und die Geländer beseitigt werden (ich hoffe, das ist ein kombinierter Akt), dann müsste doch im gleichen Atemzug auch die ganze Ebertbrücke zur Debatte stehen. Nach der Wende wurde sie gebaut, um die baufällige Weidendammer Brücke zu ersetzen, vorübergehend … Und jetzt liegt sie, das Permanent-Provisorium, an einem „Chipperfield“. Nicht nur das. Der ganze Straßenzug Tucholskystraße/Geschwister-Scholl-Straße ist eine kleine Architekturmeile geworden, wenn man sich das mal genauer ansieht. Ein Grund mehr, die Menschen hier nicht um die Ecke zu bringen, wenn sie geradeaus gehen wollen.


Mehr zur neuen Berliner Baumittelliste: tagesspiegel.de

Protest gegen das Freiheits- und Einheitsdenkmal am Schloss: „Wir lassen uns nicht verschaukeln“ (Foto: Fritz Zimmermann)

Wenn Thierse meiner Tocher an die Nase fasst …

… dann geht die Schaukel auch durchs Parlament. Und so kam es auch. Null Uhr drei in der Nacht vom Donnerstag zum Freitag stimmte der Bundestag für den Bau des Freiheits- und Einheitsdenkmals (das Video ist hier nachzuschauen auf bundestag.de). Das fand ich schon ein bisschen überraschend, nachdem so ein Hickhack um die Zukunft des Denkmals gemacht wurde und gefühlt zwei Drittel der Leute, die sich öffentlich äußerten, gegen es war (nicht zu reden von den Umfragen): Kultursenator Klaus Lederer, Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher, auch von Kulturstaatsministerin Monika Grütters war zu lesen, sie unterstütze das Projekt nicht, weswegen man es ihrer Regie entziehen und in die Hand von Bundesbauministerin Barbara Hendricks geben wollte. Und es protestierten noch am Mittwoch vor der Bundestagsabstimmung mehrere Inititativen und Vereine gegen die Standortwahl des Denkmals auf dem Sockel des früheren Nationaldenkmals (berliner-zeitung.de), die zwar das Denkmal als Anlage nicht ablehnten, aber es in der Leerstelle im „Band des Bundes“, wo mal das Bürgerforum geplant war, für besser aufgehoben hielten. Die wenigen „Thierses“, die Befürworter des Denkmals, schienen in der Minderzahl, jedenfalls hatte ich den Eindruck.

Omen für das Denkmal und ein Kinderspiel

Im Bundestag waren die „Thierses“ aber omnipräsent. Nur die Linken stimmten gegen den Bau. Wenn ich zurückdenke, dann hätte ich das Ergebnis schon Anfang der Woche ahnen können. Denn da stieg ich in die U-Bahn, wo eine Dame meiner Tochter ihren Platz anbot, was ich dankend ablehnte, da wir sowieso gleich wieder aussteigen wollten. Daraufhin lächelten sich beide an, und der Ex-Parlamentspräsident, der daneben saß, kniff mit den Fingern nach der Nase der Kleinen – eine Geste, die Gelassenheit ausstrahlte und die ich heute als ein unbedingtes Omen lese für den langen Denkmal-Donnerstag und sein irgendwie doch vorhersagbares Ergebnis.

Protest gegen das Freiheits- und Einheitsdenkmal am Schloss: „Wir lassen uns nicht verschaukeln“ (Foto: Fritz Zimmermann)

Protest gegen das Freiheits- und Einheitsdenkmal am Schloss: „Wir lassen uns nicht verschaukeln“ (Foto: Fritz Zimmermann)

Der Standort des Freiheits- und Einheitsdenkmals ist komisch. Das finde ich auch. Aber die Ursache dafür liegt in seiner Umgebung: Barockschloss, Staatsratsgebäude, Bauakademie, Kommandantenhaus … Dazu der stählerne Schwung der Schaukel? Das Denkmal verlangt eher eine exponierte Lage, wo man es von Weitem sieht und wo man von der Bewegung, die auf ihm stattfindet und nach der es benannt ist („Bürger in Bewegung“) angezogen wird. Der Spreebogen und das bislang offen gebliebene Band des Bundes wären tatsächlich der bessere Stadtraum für die Demokratie-Wippe, weil darüber hinaus es an entscheidender Stelle das Anti-Nordsüdachsen-Statement des Band des Bundes zur NS-Germaniaplanung endlich vollenden und auf den Punkt bringen würde. Ich würde das Denkmal auch lieber hier sehen, zwischen Kanzleramt und Löbe-Haus. Wenn da nicht Wolfgang Thierse wäre.

Thierse sticht

Der bringt nämlich das einzige Argument mit, das den Standort auf dem Wilhelm-Sockel nicht nur rechtfertigt. Es verlangt ihn, wenn er das Bild beschreibt, wie Bismarck, Moltke und Wilhelm 1871 die Deutsche Nation „Top Down“ erschufen und mit „Eisen und Blut“; und wie in umgekehrter Richtung das Volk der DDR 1989 mit ihrem gewaltfreien Protest auf der Straße die Wiedervereinigung Deutschlands „Bottom Up“ möglich machten. Dieser geschichtliche Bogen ist schicksalhaft. Könnten deutsche Demokraten so was denn abblasen?

Der geschichtliche Bogen und die Genialität des Denkmalentwurfs sind unschlagbar. Meine Lieblingsschaukel ist gefunden

Unabhängig davon verstehe ich bis heute nicht, warum die Idee des Denkmals bei den Kritikern nicht zu fruchten scheint. Kann man ins Schwärzere treffen, als die Dynamik des Denkmals von einer kritischen Masse abhängig zu machen, die auch im Fall von Revolutionen entscheidend ist? Hätten sich die Leipziger am 9. Oktober an der „Runden Ecke“ vorbeigetraut, wenn wie eine Woche zuvor nur 20.000 von ihnen zur Montagsdemonstration erschienen wären? Es kamen aber 70.000, und sie passierten die Bezirksverwaltung der Staatsicherheit. Wann wanken Diktaturen? Das Freiheits- und Einheitsdenkmal zelebriert doch das „Zünglein an der Waage“, das jenseits von Revolutionssymbolik doch auch in den Parlamenten zum Einsatz kommt. Mit der Zungenspitze von 18 Stimmen Mehrheit entschied der wiedervereinigte Bundestag 1991 über die Zukunft von Bonn und Berlin. Ohne diese zarte Dramatik würden wir über das Denkmal am Schloss gar nicht reden, weil mit Berlin alles anders gekommen wäre.

Für das Kippen der Schale benötigt es übrigens 30 Personen, hab ich gelesen, die auf der einen oder anderen Seite zusammenkommen müssen. Was werden sich die Leute da an den Ärmeln ziehen, in Fremdsprachen zurufen und nach gezielten Absprachen urplötzlich in Gruppen losrennen, damit sich das Ding bewegt! Ich für meinen Teil weiß genau, wo ich ab 2019 mit meinen Kindern schaukeln gehe. Eine eigene, familiäre Mehrheit kriege ich bis dahin zwar nicht auf die Beine gestellt, da fehlen mir knapp 28. Aber vielleicht bringe ich die ganze Kita mit, und dann kriegen wir das Ding schon geschaukelt.

Fake City und die Lügenbauten: Zum Geburtstag von Interbau und Nikolaiviertel

2017 jähren sich zwei Städtebauprojekte, die beide in die Kategorie „Stadtentwicklung im geteilten Berlin“ fallen. Das Nikolaiviertel wurde vor 30 Jahren eröffnet, als man in der Hauptstadt der DDR 750 Jahre Berlin feierte. Das tat man auch in West-Berlin, als das Hansaviertel dort seinerseits schon dreißig Jahre alt wurde. Jetzt wird es 60, und damit die ganze Interbau-Ausstellung von 1957. Ich habe noch von keinen Veranstaltungen gehört oder gelesen, die diese zwei Jubiläen thematisieren.

Interbau - 1

Da muss doch was passieren … Ein Lied!

Weil diesjahr dein Geburtstag ist,

Da habe ich gedacht,

Ich schreibe dir ein kleines Lied,

Weil dir das Freude macht.

***

Berliner Nikolaiviertel,

Oh süßes Nest der Stadt,

Kriegst sämtliche Touristen ab,

Weil keiner Ahnung hat.

***

Das Hansaviertel ganz versteckt,

Im Grünen an der Spree,

Wirbt um den Status Welterbe,

Mit der Karl-Marx-Allee.

***

In Zeiten von Fake-News fällt mir das Wort von der Fake-City zu, und dich, mein Viertel, als solche zu bezeichnen, drängt sich mir zwangsläufig auf. Sorry ey! Alle deine Hotspots der feierlichen Rekonstruktion belügen den Boden, auf dem sie gebaut sind: Die Kneipe „Zum Nussbaum“, die „Gerichtslaube“ und auch das „Lessing-Haus“, in dem die „Minna von Barnhelm“ gefinished worden sein soll, standen woanders. Kann ich ein Städtchen, das zwölf Millionen Gäste im Jahr so an der Nase rumführt, für bare Münze nehmen? Warum vertrauen wir dir noch, Viertel? Ich find´s ganz schön fies gegenüber der Fantasie, die ja Kraft braucht, dass sie sich aufbaut, sich den Heinrich Zille vorm „Nussbaum“ vorzustellen, wie er Bier säuft und auf die Nikolaikirche blickt, wo die Hütte doch drüben in Cölln stand? Nee, du. Aber Glückwunsch zum Dreißigsten.

Hansaviertel verschläft UNESCO

Und dir: Glückwunsch zum Sechzigsten, verschlafenes Hansaviertel. Dich hab ich noch nie zu fassen gekriegt. Mehr Luft als Gebäudesubstanz schwebt hier durch die Baumkronen. Man muss die Häuser ja schon suchen. Geh mal zum Friseur! Zwölf Millionen Menschen sehen dich nicht von den Spreeschiffen aus und denken beim Worte „Bauausstellung“ bestenfalls an Gartenbau. Wie willst du denn in solch dunklen Zeiten, wo deine Bäume mehr Schatten werfen als deine Solitäre Licht ausstrahlen, den Esprit der freien Stadt von vor 60 Jahren vermitteln – frei im Sinne von freiräumlich, freigeräumt, abgeräumt. Ich drücke dir die Daumen, dass die UNESCO dich entdeckt („Euch“ muss man ja sagen, ich drücke „Euch“ die Daumen, es geht ja hier nicht nur um dich, auch um die sozialistische Ost-Allee). Mein Tipp zum großen Jahrestag: Bäume stutzen, und die Marzahner IGA-Seilbahn ab 2018 von der Siegessäule zur Moabiter Heilandkirche schweben lassen.

Auf eine Kaltschale an der Freiheitswaage

Wenn es in Berlin ein Projekt gibt, auf das ich wirklich gespannt bin und das ich hundertmal lieber eingeweiht sehen möchte als den Flughafen eröffnet, dann ist es das Freiheits- und Einheitsdenkmal. Für die „Wippe“ in Mitte würde ich – wenns drauf ankommt – auch beten, und vielleicht ist dieser Zeitpunkt schon nahe. Denn jetzt will auch Berlins Kultursenator Klaus Lederer die Volksschale kaltstellen, nachdem es der Haushaltsausschuss des Bundestages vergeblich versucht hat. Bekommen wir letztlich vorm Schloss eine „Kaltschale“ serviert?

Freiheits- und Einheitsdenkmal als soziale Skulptur (Entwurf: Milla & Partner)

Freiheits- und Einheitsdenkmal als soziale Skulptur (Entwurf: Milla & Partner)

Bitte nicht gleich „verschaukelt“ fühlen! Die Kaltschale ist nur die letzte Konsequenz eines Kunstwerks, das auf alle Regungen eine Antwort parat hat und in alle Richtungen gleichermaßen wirkt. Von der Kaltschale kriegt jeder, was er herauszuschöpfen hofft. Und das Geniale ist: Das Bauwerk wirkt jetzt schon, ohne gebaut zu sein.

Eine Berliner Großwippe, die funktionert

Das Denkmal wippt: Der Bundestag beschloss 2007, ein Denkmal zu bauen (rauf). 2009 brach man den Wettbewerb ab, weil die Jury die Entwürfe doof fand – ich übrigens auch – (runter). Dann führte eine zweite Runde zum Erfolg mit gleich drei Siegern, später fiel die Auswahl auf „Bürger in Bewegung“, wie das geplante Denkmal offiziell heißt (rauf). Das Medienecho (Wippe, Schaukel & Co.) und der verpasste Baustart förderten das schlechte Image des Projekts (runter). Endlich kam 2015 die Baugenehmigung (rauf), aber der Haushaltsausschuss stoppte das Projekt 2016 wegen gestiegener Kosten (runter). Als dasselbe Gremium etwas später 18,5 Millionen Euro für die Schlosskolonnaden am selben Ort bereitstellte, schlug die Wippe hart auf den Boden auf (runter!). Bundestagspräsident Norbert Lammert und das Groko-Machtwort der Bundesfraktionsspitzen brachten das Einheitsdenkmal vor kurzem wieder auf den Plan zurück (rauf), doch Senator Lederer sorgt, wie gesagt, erneut für „Bewegung“ (runter). — Was will man eigentlich mehr? Das Ding funktioniert doch.

Bei diesem ganzen Hin und Her trifft eben auch die Vokabel vom Verschaukeltsein voll ins Schwarze. Braucht man nicht weiter zu erklären.

Standort Einheitsdenkmal

Mythisch aufgeladen: Das Einheitsdenkmal „wippt“ hoch und runter und ist noch nicht gebaut. Das Foto zeigt die Schlossfreiheit von 2012, glaub ich (Foto: André Franke)

Ein Denkmal in Schieflage

Lesen konnte man auch von der „Waage“. Und auch diese Zuschreibung findet ihre Entsprechung in der aktuellen Diskussion. Das Freiheits- und Einheitsdenkmal befindet sich in totaler Schieflage. Alle reden vom Einheitsdenkmal, aber nur einer hebt den Kampf um die Freiheit 1989 hervor. Wolfgang Thierse tut es in diesem NDR-Interview, und ich finde diese Betrachtung bestechend korrekt – genauso wie ich die mechanisch aufwendige, mehrheitsfähige Schwankung der Schale als Sinnbild für eine Revolution perfekt finde. Einfach perfekt. Irgendwann kippt ein System eben, aber es braucht eine kritische Masse. Wieder eine Schlagzeile, eine neue, möcht ich sagen: Auf der „Kippe der Einheit. Da sind manches und so mancher ins Schlittern gekommen, ins Abseits gerutscht.

Selbstbefreite Bürger vor der Haustür hätten dem Palast besser gestanden als dem Schloss

Was hätte eigentlich „Bürger in Bewegung“ für eine Aussage gehabt, wenn statt des Schlosses der Palast der Republik (auch ein „Gekippter“) der Nachbar des Denkmals geworden wäre? Eine stärkere. Und ich stelle fest, das meine Sympathien fürs Schloss sich wieder verflüchtigt haben. Schloss und Schale passen nicht zusammen. Überhaupt nicht, weder inhaltlich noch vom Gestalterischen her. Leider kam das Schloss zuerst, und da es ´ne ziemliche Wucht ist, scheint es die Schale zu bedrängen und zu erdrücken. So eine Plattform, auf der was los ist, soll man doch sehen können, von Weitem. Zumindest aus etwas Distanz. Dazu hätte der Palast die bessere Position gehabt. Auch inhaltlich: Vorm Haus des Volkes ein Denkmal des Volkes … Immer fehlt was.

Am Ende fehlt das Freiheits- und Einheitsdenkmal vielleicht sogar ganz. In folgenden Fällen werde ich das Projekt konsequent nur noch die „Kaltschale“ nennen. Wenn es:

  1. vom Bundestag wieder abgesagt und nie gebaut wird oder
  2. gebaut wird, aber aus Sicherheitsgründen statisch und unbeweglich bleibt wie die Großwippen im Tilla-Durieux-Park am Potsdamer Platz.

Ansonsten nenne ich das Denkmal ab heute „Freiheitswaage“, damit die Einheit auf der Wippe nicht zu dick wird.

Annemieke sucht die Freiräume Berlins und landet im „Open Space“ des Tempelhofer Feldes

Mitten im Winter fahr ich selten aufs Feld. Aber Annemieke Bosschaart hat mir dafür einen Grund gegeben. Die Journalistik-Studentin aus den Niederlanden suchte nach den Freiräumen Berlins und nach Erklärungen, warum es sie gibt. In ihrer Radio-Reportage „Open Spaces in Berlin“ macht sie eine Tour mit mir, die auf dem offensten, freiesten, negativsten, wildesten, unberechenbarsten und unstädtischsten Flecken Berlins endete. Sie hätte vielleicht hier, auf dem Tempelhofer Feld, beginnen sollen …

Wir trafen uns aber am Alexanderplatz. Ich wollte Annemieke zuerst das riesige Rathausforum zeigen. Kein Freiraum liegt zentraler und keiner ist trügerischer in dem Sinne, dass Berlins Historie drunterliegt. Auf dem Weg zu den Stadtmodellen am Köllnischen Park kamen wir am Schloss vorbei. Ich hatte es nicht als Tourinhalt geplant, doch es drängte sich uns ganz von selber auf, und Annemieke fand Interesse an dessen Geschichte, obwohl der Schlossplatz ja kein klassischer Freiraum (mehr) ist. Jede Baustelle steht für einen vergangenen Freiraum.

Eine Freiraum-Tour startet am Rathausforum, das die Presse wegen seiner Ausmaße gerne mal mit Pjöngjang vergleicht

Das ließ sich gut erkennen als wir wenig später vor dem Stadtmodell standen, das im Maßstab 1:500 zeigt, was wo in Berlins City Ost seit 1990 gebaut und geplant wurde. Aber hier, im Foyer der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, sprachen wir besonders über die Ursachen, warum Berlin heute immer noch so frei, grün und bunt ist. Und dieser Fokus war auch für mich selbst bereichernd. Denn bis auf die Konversion ehemaliger Bahnflächen lässt sich die Existenz der Freiräume letztlich auf die Kriegszerstörungen und die spezielle Teilungsgeschichte der Stadt zurückführen.

Vielfältige Ursachen

Die Europacity, das RAW-Gelände, die Güterbahnhöfe Wilmersdorf und Greifwalder Straße, der Park am Gleisdreieck oder das „Pankower Tor“ sind allesamt Areale der Bahn gewesen. Die Prinzessinnengärten (hiermal stellvertretend für zahlreiche Berliner Kreativ-Oasen) haben sich auf einer kriegsproduzierten Baulücke am Moritzplatz entwickelt. Der Mauerpark, der teilweise auch eine Bahngeschichte hat, und die Wagenburg Lohmühle in Treptow sind auf dem 1990 frei gewordenen Grenzgelände der Mauer entstanden. Und Tempelhofer Feld wie Noch-Flughafen Tegel, Projekte der Extraklasse in der Berliner Stadtentwicklung, sind ein Segen der Sektorenstadt Berlin aus dem Kalten Krieg (und ihrem Ende selbstverständlich).

Pony-Reiten durch den Mauerpark. Nur im Freiraum möglich (Foto: André Franke)

Pony-Reiten durch den Mauerpark. Nur im Freiraum möglich (Foto: André Franke)

Gerade Tegel und Tempelhof als erlöste, zu erlösende Flughafenstandorte sprangen uns ins Auge als Annemieke und ich vor den Berlin-Karten standen. Das sind die „Open Spaces“ Berlins vom größten Kaliber. In diesem Moment schwant es Annemieke, dass ihr Wunschprojekt „RAW“, zu dem ich sie entlang der Spree führen wollte, an ihrem eigentlichen Thema vorbeizuschlittern drohte. So fragte sie mich unterwegs, ob wir raus aufs Feld fahren könnten. Und das taten wir, bogen zum S-Bahnhof Jannowitzbrücke ab, anstatt die Holzmarktstraße zur East Side Gallery rauszulaufen, und nahmen am Ostkreuz die Ringbahn.

Fenster zum Feld gibt es viele. Die S-Bahn bugsiert jeden Tag tausende auf der Ringbahn am größten Freiraum Berlins vorbei. Einsteigen lohnt sich

Treptower Park … Sonnenallee … Neukölln … Hermannstraße … und dann kam auf dem Weg zum S-Bahnhof Tempelhof endlich das „Fenster zum Feld“. Annemieke sah einen Freiraum wie sie ihn in einer Stadt noch niemals gesehen hatte. Diese halbe Minute Feld ist das dynamischste Stadtbild Berlins. Man fährt in hoher Geschwindigkeit (alternativ mit dem Auto auf der A100), doch nur langsam ändert sich, was man sieht. Fast statisch bleibt das Bild. Das macht einem die Größe dieses Ortes klar. Dann stiegen wir aus, überquerten den Tempelhofer Damm, gingen aufs Feld.

Freiraum der Extraklasse: das Tempelhofer Feld. Blick vom Neuköllner Schillerkiez nach Westen (Foto: André Franke)

Freiraum der Extraklasse: das Tempelhofer Feld. Blick vom Neuköllner Schillerkiez nach Westen (Foto: André Franke)

Schritt für Schritt wurde es leiser. Wir ließen den Straßenlärm hinter uns. Es war Montag, früher Nachmittag und kalt. Kaum Menschen. Alles ruhig. Alles offen. Wir liefen bis wir den Taxi-Way erreichten, und ich bestand darauf, weiter bis zur nördlichen Rollbahn zu gehen. Noch weiter weg von der Straße, noch weiter ins Zentrum rein. Von hier aus sahen wir bis zum Fernsehturm. Da hatte unsere Tour begonnen. Auf merkwürdige Weise hatten wir zwei Berliner Freiräume miteinander verbunden, der eine zentral, der andere peripher (zur Innenstadt). Allein der Blick zurück verband beide Orte.

Dann trennten sich unsere Wege. Ich lief zurück zur Ringbahn, fuhr in die Gegenrichtung, nochmal durchs Feldfenster gucken. Annemieke Bosschaart ging über die zwei Kilometer lange Rollbahn nach Neukölln. Ihre Suche nach dem Berliner Freiraum war zu Ende. Jetzt suchte sie wieder die Stadt.


Radio-Reportage „Open Spaces Berlin“ auf soundcloud.com

Artikel von Annemieke Bosschaart auf Campus-Blog (in Niederländisch)

Stutti ist Premium

Ich habe ein kleines Heft. Das nennt sich „Planungsrundschau“ und stammt noch aus meinen Studienzeiten. Und es gibt einen Ort in Berlin, der mich immer wieder an dieses Heftchen denken lässt (A5-Format, 118 Seiten): der Stutti. Immer wenn ich hier bin, fällt mir der Artikel von Ursula Flecken und Juliane Martinius ein, in dem die Stadtplanerinnen fragen:

„Wer macht hier eigentlich Stadtplanung? – Ist es die Deutsche Bahn (…), der Investor (…), die Baustadträtin (…), die planende Verwaltung (…), der Architekt (…), das Planungsbüro (…), die Bürgerinitiative (…), das Land Berlin (…), der Bezirk Wilmersdorf (…), die Öffentlichkeit (…)?“

Übern Stutti gestolpert, ins Regal gegriffen

Jetzt komme ich am Stutti vorbei und sehe, er sieht aus wie immer, wie vor Jahren. Es scheint gar nichts passiert zu sein. Richtung Windscheidtstraße, wo ich zum Törtchen-Essen eingeladen bin, bleib ich stehen und wundere mich über die Brache am Wegesrand. Brache? Ein Schild weist darauf hin, dass es sich um eine Grünanlage handelt. Muss wohl am Winter liegen, der das Grüne grau macht. Aus dem kritisierten Bauprojekt ist offenbar nichts geworden.

Verwilderter Stutti, Januar 2017 - aber zumindest „geschützt“ (Foto: André Franke)

Verwilderter Stutti, Januar 2017 – aber zumindest „geschützt“ (Foto: André Franke)

Die Planungsrundschau berichtete in ihrer damals ersten Ausgabe von 2001 (hier online) von dem Projekt eines Investors, der am Stuttgarter Platz auf 560 Meter Länge eine Riegelbebauung mit großflächigem Einzelhandel und einem 19-geschossigen Hotelhochhaus plante. Der Stutti wäre zugebaut und oberirdisch durch die Zufahrten einer Tiefgarage zerschnitten worden. Auslöser für das Projekt war (und jetzt wird´s spannend): die Deutsche Bahn wollte den S-Bahnhof Charlottenburg mit dem etwas entfernter liegenden U-Bahnhof Wilmersdorfer Straße zusammenlegen und die freiwerdende Fläche am Stutti verkaufen. Das Umsteigen sollte „besser“ werden. Klingt ja auch irgendwie richtig, im ersten Moment, den öffentlichen Verkehr dadurch zu stärken, den Leuten ein paar Minuten mehr Zeit zu schenken. Minuten … mehr Zeit …

Der Stutti – ein Geschenk

Die beiden Autorinnen forderten im Artikel weniger Baumasse, mehr Freiraum und Stadtqualität, auch eine bessere Bürgerbeteiligung – aber darauf will ich hier gar nicht hinaus. Sondern ich frage mich, warum die Bahnhof-Fusion überhaupt stattfinden muss (ich glaube, sie ist heute längst nicht mehr geplant). 400 Meter von A nach B laufen (zu müssen), ist grundsätzlich gut. Gut für den Mensch! Gut für den Großstadtmensch. Wir müssen das Laufen wieder lernen. Sicher spart Zeit, wer flüssig mit den Öffentlichen unterwegs ist. Wir leben aber heute in einer Zeit, in der jede körperliche Bewegung zählt, auch wenn sie im Alltag einen konkreten Zweck hat (kann schon mal passieren, muss nicht gleich Sport sein), weil sie uns ganz einfach gesund hält (10.000 Schritte soll der Mensch am Tag machen, sagt der Fußverkehr-Verband). Ich bin neulich mit Freunden bei meinem Birthday-Walk 27 Kilometer durch Berlin gelaufen (anvisiert hatten wir 40), von morgens um acht Uhr bis abends um sieben (dazwischen die Mahlzeiten). Was sind da 400 Meter noch? Seitdem gehe ich lieber mal eine Station zu Fuß, um wenigstens ein bisschen im Gang zu bleiben. Jeder Weg ist ein Geschenk. So gesehen ist es auch der Stutti.

Westlicher Stuttgarter Platz 2017 - sieht eigentlich ganz schön aus, aus dieser Perspektive jedenfalls (Foto: André Franke)

Westlicher Stuttgarter Platz 2017 – sieht eigentlich ganz schön aus, aus dieser Perspektive jedenfalls (Foto: André Franke)

Was für ein Potenzial der Stuttgarter Platz doch hätte, würde man die Strecke zwischen S- und U-Bahnhof den Fußgängern so einrichten, dass es für sie das Highlight ihres (Arbeits-)Weges, das Highlight des Tages würde, ein Fest für alle Stadtreisenden! In Aachen wird gerade im Auftrag des Bauministeriums im Rahmen des Modellprojekts „Aktive Mobilität in städtischen Quartieren“ eine Premiumroute für den Fußverkehr geschaffen (bbsr.bund.de, aachener-nachrichten.de). „Premiumroute“ hört sich schon mal gut an.

Stadtkern im Uhrzeigersinn

Eine Nachlese zum Stadtkern-Walk vom 25. Januar …

Zu sechst waren wir am Mittwoch beim Stadtkern-Walk, dem ersten eigentlich, wenn man den letzten nicht zählt, was ja auch irrig wäre, weil er im Dezember mangels Anmeldungen ausfiel (acht Gäste warteten damals trotzdem spontan auf den Tourstart, nur der Guide kam nicht, weil er in der Kita war. Drum sag ich: Anmelden Leute, bitte regt Euch, auch wenn´s spontan ist). Danke an die Fünfe, die es diesmal tatsächlich taten!

Viadukt im Längsschnitt

Drei Stunden waren wir unterwegs, liefen ziemlich zügig, wenn ich das rekapituliere. Warmen Aufenthalt, vielmehr Durchgang, bot uns der Bahnhof Alexanderplatz. Das war ganz schön (nicht nur, weil es warm war), nachdem wir vorher nur entlang des Viadukts, auf dem die Bahn fährt, gegangen waren, entweder außen entlang oder innen. Auf einmal hatten wir hier die Möglichkeit, (was ich so auch nicht geplant hatte) nicht nur den Viadukt durch einen seiner Bögen zu queren, sondern sogar längs zu durchwandern.

Volle Kanne das Gegenteil wartete auf uns, als wir wieder rauskamen. Ein einziger Weg bleibt, um die Grunerstraße, hier: den Alexandertunnel zu überqueren. Wir mischen uns in den Menschenstrom, der sich in das Alexa ergießt. Hätten wir gleich drin bleiben können und folgen, in das Ding hinein und hinten wieder raus – wäre noch ein warmer Indoor-Streifzug geworden. Aber so kalt war´s nun auch wieder nicht am Mittwoch Abend. Und: der Bogen zwischen Viadukt und Alexa ist sehr anziehend, man sieht ihn ja schon, wenn man noch drüben auf der anderen Seite des Tunnels steht und sich nur fragt, wie man da rüber soll. Auch die Soundkulisse läuft auf dem Abschnitt mit: Riesenlärm beim Rübermachen zum Alexa, aber je weiter man die südliche Dircksenstraße abläuft, desto leiser wird´s. Bis hin zur Totenstille am Parochialkirchhof.

Der (Alexander-)Tunnel der Tonner (Foto: André Franke)

Der (Alexander-)Tunnel der Tonner (Foto: André Franke)

Parochialkirche kurz vor Spiel

Da stehen wir an der Ecke Littenstraße und warten auf das 18-Uhr-Glockenspiel. Doch der neue Kupferturm der Parochialkirche tut uns den Gefallen nicht. Wir quatschen uns die Zwischenzeit rum, denn es sah so aus, als stünde die Turmuhr auf 17:58 Uhr. Doch es war dunkel, und wir hatten es falsch gesehen. Erst zehn vor Um war´s. Zu lange Warten für den Stadtkern-Walk. Immerhin waren wir noch nicht mal Dreiviertel der Strecke rum.

Was an der Parochialkirche zu früh war, war am Märkischen Museum zu spät. Hier schließen die Stadtmodelle der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gegenüber um 18 Uhr. Sechs Minuten später war es, als wir ankamen. Diesen Indoor-Stopp hatte ich allerdings auf dem Plan. Schade, denn Martina, die schon lange im Stadtkern wohnt, kannte diese Ausstellung der Stadtmodelle noch nicht.

Und was sagt uns das? – Den nächsten Stadtkern-Walk andersherum laufen!

Friedrichstraße? Nee, nee

Ich springe zurück. Zur Strecke zwischen Hackescher Markt und Alexanderplatz. Dort liefen wir die äußere, durchaus belebte und mit Geschäften und Kneipen besetzte Viaduktstraße (auch Dircksenstraße) ab, dann bogen wir durch eine Unterführung in die Rochstraße auf die innere Seite ein. – Sowas von tote Hose. Dunkel und still. Hier im Hinterland der Wohnscheiben der Liebknechtstraße, wo es auch eine Schule gibt, ist der Stadtraum am Bahnviadukt gewerblich genutzt, stehen Lieferwagen vor Lagerräumen zwischen Büschen rum. Ein Zaun trennt das Gelände von der Rochstraße ab, aber die Türe steht offen. Da stehen wir, gucken das an, als eine Touristin kommt, sie mag italienisch gewesen sein, die fragte mich, ob es hier zur Friedrichstraße geht (und zeigte in Richtung Gewerbebüsche!). Sie hatte Glück, ich bewahrte sie vor der Sackgasse. Wer hier reingeht (und das geht), steht nach 150 Metern erneut vor einem Zaun und muss umkehren.

Das ist nicht die Friedrichstraße und man gelangt auch nicht zu ihr, wenn man hier durchgeht (Foto: André Franke)

Das ist nicht die Friedrichstraße und man gelangt auch nicht zu ihr, wenn man hier durchgeht (Foto: André Franke)

Das Verbrechen am Kupfergraben

Noch vorher, als wir an der Museumsinsel waren, mogelte sich das Magnus-Haus in die Tour. Wie in den Notizen zum Stadtkern-Walk beschrieben, geht es ja nicht unbedingt um die Bauskandale und Bauprojekte am Wegesrand, sondern um Defizite und Potenziale der Stadträume am Stadtkern. Da aber alle Gäste an diesem barocken Stadtpalais und seinem Garten interessiert waren, bogen wir spontan (vor Merkels Haustür) in die Bauhofstraße ab. Gegenüber vom Collegium Hungaricum warfen wir einen Blick über den Gartenzaun des denkmalgeschützen Areals, auf dem Siemens seine Hauptstadtrepräsentanz bauen will. Beim Anblick des Gartens fragten wir uns alle gemeinsam, wo genau das Gebäude hier eigentlich stehen soll? Überall Garten, Bäume, Grün. Wer sich traut, an diesem verträumten Ort auch nur einen Baukran aufzustellen, dem müssen die Sinne einen makabren Streich spielen (bitte nach Hause fahren und mal kräftig ausschlafen!)

Barocker Stadtgarten - es gibt ja sonst keine Bauflächen in Berlin (Foto: André Franke)

Barocker Stadtgarten – es gibt ja sonst keine Bauflächen in Berlin (Foto: André Franke)

Ich belasse diese Nachlese mit dieser Handlungsempfehlung – und stelle nur noch fest: Die komplette Umrundung haben wir nicht geschafft, weil die Zeit fehlte. Kurz vor sieben Uhr, pünktlich zum Lichtbilderabend in der Stadtbibliothek, war der Stadtkern-Walk zu Ende. Die schöne Wallstraße (ein Potenzial), wäre es wert gewesen abzulaufen. Dann beim nächsten Mal wahrscheinlich, wenn es heißt: gegen den Uhrzeigersinn.

Notizen zum Stadtkern-Walk

Auf dem Stadtkern-Walk oder dem Stadtkern-Ride geht es nicht in erster Linie um Bauprojekte, die aktuell ablaufen und auf unserer Strecke liegen. Die Idee ist: Wir UMRUNDEN den Stadtkern in flüssiger Bewegung und verinnerlichen uns seine Ausmaße und prägenden Charakterzüge mit Blick auf:

  • Barrieren in der Wegeführung für Fußgänger und Radfahrer
  • schöne Stadtbilder und Straßenzüge
  • unterentwickelte Stadträume und Flächen
  • funktionale „Kraftpakete“ am „Ring“ und deren Zusammenspiel.

Der Rausch mitten in Berlin

Im Rausch über die Gertraudenbrücke (Foto: André Franke)

Im Rausch über die Gertraudenbrücke (Foto: André Franke)

Nichts desto trotz ist die Liste der Anrainer-Projekte lang. Wir passieren neue Gebäude und Baustellen oder haben sie auf Sichtweite, so dass der Stadtkern-Walk auch dem allgemeinen Überblick über die Stadentwicklung in Zentrum der City Ost dienen kann.

Projekte am Stadtkern-Walk

  1. die Townhouses des Friedrichswerder
  2. die umstrittenen Kronprinzengärten und die Kirche Schinkels
  3. der Schinkelplatz und die Bauakademie
  4. das Schloss und sein Umfeld
  5. die U55
  6. das Flussbad im Spreekanal
  7. das abgesagte Freiheits- und Einheitsdenkmal und die zugesagten Schloss-Kolonnaden
  8. der Bauskandal der Staatsoper
  9. die autofreien „Linden“
  10. der Bauskandal im Garten des Magnus-Hauses
  11. die Museumsinsel mit dem Simon-Palais und dem Pergamon-Museum
  12. das Forum Museumsinsel von Ernst Freiberger
  13. das Alea 101 und das Cubix-Kino
  14. Deutschland größtes Motel One Hotel
  15. das leerstehende Haus der Statistik als geplantes „Zentrum für Geflüchtete“
  16. die Saturn- und Alexa-Türme
  17. der Glockenturm der Parochialkirche
  18. die neue Waisenbrücke
  19. das House of One am Petriplatz
  20. das Hochhaus auf der Fischerinsel
  21. und weitere …
Die Staatsoper-Baustelle vom Bebelplatz: aktueller Eröffnungstermin (Nr. 3) ist der 3. Oktober 2017

Die Staatsoper-Baustelle vom Bebelplatz: aktueller Eröffnungstermin (Nr. 3) ist der 3. Oktober 2017

Die nächste Stadtkern-Tour findet statt am …

Nachlese zum #NewsRide 02/17

Am Mittwoch Schneegestöber, am Freitag Schneeregen – keine idealen Bedingungen für eine Radtour. Aber ich mache die Verwirklichung meiner Ideen nicht vom Wetter abhängig. Für alle, die mehr über die NewsRide-Orte von letzter Woche wissen wollen, ohne selbst mitgeradelt zu sein, habe ich diese „Nachlese“ geschrieben. Sie könnte in Zukunft standardmäßig in der Woche nach dem NewsRide kommen, besonders, wenn sich auf der Tour Fragen ergeben. Die Antworten „liefere“ ich dann zum Nachlesen nach.

Kröten am Pankower Tor

Was ist hier los? – Auf dem Areal zwischen Berliner Allee im Westen und Prenzlauer Promenade im Osten ist eine Grundschule mit 400 Schülern, ein Einkaufszentrum, etwa 1.000 Wohnungen, einen Stadtpark, einen Höffner-Fachmarkt und eine Gemeinschafts- und Sekundarschule geplant. Außerdem befindet sich östlich die Ruine des Rundlokschuppens, der unter Denkmalschutz steht. Eine neue Nutzung für diesen zu finden, erweist sich als schwierig, weil die Wiederherstellung des Gebäudes teuer ist. Die Zukunftswerkstatt Heinersdorf hat die Idee, aus dem Schuppen die Mensa der geplanten Schule zu machen.

Ein grauer Riese - das Gelände "Pankower Tor“ (Pankow-Karte der Kindergärten NordOst)

Ein grauer Riese – das Gelände „Pankower Tor“ (Pankow-Karte der Kindergärten NordOst)

Was gibt´s Neues? – Im Januar baggert man auf dem Gelände Krötenteiche aus. Die letzten Berliner Kreuzkröten müssen umgesiedelt werden, bevor der Stadtteil gebaut wird.

Links und Infos:

  • Pankows Bürgermeister und vorübergehender Stadtrat für Stadtentwicklung Sören Benn (Linke) im Interview mit der Berliner Woche, 02.01.2017
  • Die Krieger Grundstück GmbH (KGG) dokumentiert ihr Projekt (allerdings nicht akualisiert) auf pankower-tor.de
  • Der Tagesspiegel zum Rundlokschuppen und einer möglichen Integration der Ruine in die geplante Schule (als Mensa), 19.12.2016

Ideen für den Bürgerpark

Was ist hier los? – Eine Bürgerpark-Initiative hat sich gegründet (August 2016) mit dem Ziel, ein einheitliches Gestaltungs- und Denkmalschutzkonzept für den Park zu erarbeiten, da es ein solches im Moment nicht gibt. Sie kritisiert das Senatsprojekt „Panke 2015“, mit dem die Panke renaturiert werden soll (Projekt ruht derzeit) und ist nicht einverstanden mit den damit verbundenen „verheerenden Eingriffen“ in den Bürgerpark. Außerdem gefällt ihr die Idee eines Tierschutzvereines nicht, im Bürgerpark einen „Vogelgnadenhof“ und ein Altenheim für Tiere anzusiedeln; das Bezirksamt setzt sich aber für es sein. Die Initiative fordert auch eine bessere Parkpflege. Es geht es bei der aktuellen Diskussion um die Neugestaltung auch um die Zukunft der alten Meierei, die Einrichtung einer Skater-Anlage und ein gastronomisches Gesamtkonzept im Park.

Märchenstunde im Bürgerpark. Mimachen ist angesagt - bis 31. Januar (Foto: André Franke)

Märchenstunde im Bürgerpark. Mimachen ist angesagt – bis 31. Januar (Foto: André Franke)

Was gibt´s Neues? – Die Initiative hat einen alle Bürger gerichteten Ideenwettbewerb zur Umgestaltung des Bürgerparks ausgelobt. Er läuft noch bis zum 31. Januar. Insbesondere können Kinder mitmachen.

Links und Infos:


Holm und die Humboldt-Uni

Was ist hier los? – Hier forschte und lehrte der umstrittene Berliner Staatssekretär Andrej Holm ab 2005. Er war am Institut für Sozialwissenschaften, im Lehrbereich Stadt- und Regionalsoziologie tätig und beschäftigte sich mit Gentrifizierung, partizipativer Stadtentwicklung und Wohnungs- und Mietenpolitik. Holm betrieb nebenbei den Gentrification-Blog, auf dem er gegen die Spekulation mit Immobilien anschrieb.

Was gibt´s Neues? – Letzten Donnerstag, am 12. Januar, endete die Frist, die die Universität dem umstrittenen Staatssekretär Andrej Holm gesetzt hatte, eine Stellungnahme zu sein falsch gesetztes „Stasi-Kreuz“ abzugeben. Der Uni-Briefkasten soll bis zum Nachmittag leer geblieben sein, wie Tagesspiegel-Autor Björn Seeling am Freitag im „Checkpoint“-Newsletter schrieb.

Links und Infos:

  • Rechtsanwalt Johannes Eisenberg schreibt in der taz, dass die Humboldt-Uni sich aus Sicht des Arbeitsrechts für Holm entscheiden müsse. Er vergleicht den Fall Holm mit den Geschichten eines Gefängniswärters und eines NPD-Aktivisten, die, beide im öffentlichen Dienst tätig, Falschangaben gegenüber ihren Arbeitgebern machten. Das Bundesarbeitsgericht urteilte gegen die Arbeitgeber. Holm durfte sogar Lügen, so Eisenberg. Und die Uni hätte 2005 gar nicht nach seiner hauptamtlichen Tätigkeit bei der Stasi fragen dürfen., 09.01.2017

Tempohomes Alte Jakobstraße

Was ist hier los? – Auf der Brachfläche ist ein Tempohome geplant, ein Containerdorf für Geflüchtete. Die bis zu 500 Personen, die hier untergebracht werden, leben im Moment noch in Berliner Turnhallen. Die Tempohomes, von denen in Berlin etwa 30 entstehen, sollen die Turnhallen als Notunterkünfte ablösen. Die Container werden nicht übereinander gestapelt. Im Gegensatz zum Studentendorf Plänterwald, das auch aus Containern besteht, gibt es nur ein Erdgeschoss für alle Gebäude. Den Standort, wie auch die anderen Standorte der Tempohomes und MUFs, hat die Senatsverwaltung für Finanzen ausgewählt. Sie hat mit einer Expertenkommission über 1.500 Grundstücke in Berlin auf ihre Eignung hin untersucht. Ursprünglich war der 16.000 Quadratmeter große Standort an der Alten Jakobstraße für eine MUF geplant („Modulare Unterkunft für Flüchtlinge“). Das Tempohome soll laut Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) Ende März 2017 fertiggestellt sein.

3 Container in einem Tempohome mit Küche und Bad bilden eine Wohnung für 4-8 Personen

Eine Wohnung in einem Tempohome mit Küche und Bad (Quelle: LAF, Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten)

Eine Wohnung (gelb) in einem „Gebäude“. Äußere Erschließung (Quelle: LAF)

Eine Wohnung (gelb) in einem „Gebäude“. Äußere Erschließung (Quelle: LAF)

Was gibt´s Neues? – Die Alte Jakobstraße ist eines von elf Tempohomes, für die gerade Betreiber gesucht werden. Es läuft eine Ausschreibung, zu deren Stand die SPD-Abgeordnete Clara West Ende letzten Jahres beim Senat angefragt hatte.

Links und Infos:

  • Übersichtskarte zu Tempohomes und MUFs in Berlin auf rbb-online, 07.01.2017
  • FAQ zu Tempohomes auf berlin.de (vom Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten)
  • Schriftliche Anfrage von Clara West, 17. November 2016